Über dem Abgrund
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»Mit der Verhaftung meines Vaters hatte die Nazi-Brutalität das Leben unserer Familie auf den Kopf gestellt. Gegen unseren Rat hatte Vater die Gelegenheit, Deutschland zu verlassen, ungenutzt vorübergehen lassen, obwohl kaum drei Wochen, nachdem er verhaftet wurde, die gewalttätigen Ereignisse der øKristallnachtï alle Illusionen über eine jüdische Zukunft in Deutschland endgültig zerstören sollten«, so erinnert sich Strauss in seiner Autobiographie. War es nach diesen Ereignissen immer noch möglich, die Entartungen des Nationalsozialismus auf bloße Propagandamacherei zu reduzieren? Wohl kaum! Wie aber konnte ein Jude überhaupt eine solche Ansicht vertreten und in die Zeit des Nationalsozialismus hinein beibehalten? Herbert Strauss läßt mit seinen Erinnerungen ein jüdisches Milieu lebendig werden, das es ihm ermöglichte, die nationalsozialistische Bedrohung lange Zeit weitgehend unbeachtet zu lassen. Er schildert die einzelnen Stationen seines Lebens, in denen er von jüdischen Einrichtungen so weit aufgefangen wurde, daß er sich von der Tagespolitik fast vollkommen fernhalten konnte. In der zionistischen Jugendbewegung, dem Studentenkollektiv und schließlich der Hochschule für die Wissenschaften des Judentums fanden sich Zufluchtsorte, die Juden ein Überstehen des Naziregimes ermöglichten, ohne dabei ihr Selbstwertgefühl einzubüßen. Erst mit den beginnenden Deportationen erkannte Herbert A. Strauss den vollen Ernst der Situation. Nach achtmonatigem Leben im Untergrund gelang ihm 1943 die Flucht in die Schweiz. StraussÆ Rückblick ist die Schilderung des Alltagslebens von Juden und die Geschichte jüdischer Selbstbehauptung durch eigene Bildungsinstitutionen in einer Zeit der Unterdrückung und Vernichtung.