Lessings Fabelabhandlungen
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Lessings Fabelabhandlungen setzen sich nicht nur mit der Theorie dieser 'Dichtungsart' auseinander, sie sind gleichzeitig ein bis heute beachtenswertes – aber kaum beachtetes – Elementarbuch der Didaktik und Methodik. Die fünfte Abhandlung ('Von einem besondern Nutzen der Fabeln in den Schulen') ist eine der wenigen zusammenhängenden Äußerungen Lessings zur Pädagogik. In ihr entwirft er in zum Mit-, Nach- und Selbstdenken anregender Kürze einen nur zwanzig Druckzeilen umfassenden 'allgemeinen Plan' zur schulischen Erziehung. Am Anfang dieses Plans nennt er als Ziel der Erziehung den 'selbstdenkenden Kopf' und gibt vier methodische 'Fingerzeige' dafür, wie dieses Ziel zu erreichen sei: nämlich durch exemplarisches, genetisches und sokratisches Lehren und Lernen. Als Aufklärer darum bemüht, seine Erkenntnisse praktisch werden zu lassen, und als Fabeldichter und -theoretiker zugleich schlägt er als 'Übungen' für die Schulstube, die seinem 'allgemeinen Plan' zufolge angestellt werden müßten, das 'Finden' und 'Erfinden' von Fabeln vor – und zwar wegen des heuristischen, zum Selbstdenken anregenden Nutzens solcher sprachlich-literarischen Gestaltungsversuche. Was Lessing in seinem 'allgemeinen Plan' vorschlägt, findet sich vor allem in den pädagogischen Theorien Otto Willmanns im 19. und Martin Wagenscheins im 20. Jahrhundert wieder. Allerdings gilt weiterhin der Stoßseufzer Hugo Gaudigs (1912), daß von den Taten, die dieser Plan fordert, 'nicht allzu viel in der deutschen Schule' zu spüren sei.