Experimentum mundi: Utopie als ästhetisches Prinzip
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Im Zuge des deutsch-deutschen Literaturstreits der 90er Jahre geriet auch der Begriff „Utopie“ zunehmend ins Kreuzfeuer von Politik und Literatur. Mit sozialistischem Inhalt gefüllt wurde die Utopie vielfach auf dem medialen Schlachtfeld entweder als ideologisches Wurfgeschoß verwendet oder mit Nekrologen geschmückt zu Grabe getragen. Daß damit jedoch noch lange nicht das Ende utopischen Denkens besiegelt ist und utopische Entwürfe in literarischen Texten mehr sein können als nur „schöne Träumereien“ oder gar „irrationale Hirngespinste“, weist vorliegende Studie anhand von Irmtraud Morgners Romanwerk nach. Mit Ernst Blochs erweitertem Utopieverständnis als Ausgangsbasis für diese Analyse gelingt es, Morgners utopische Denkexperimente in ihrer Vielschichtigkeit und Komplexität holistisch zu erfassen sowie deren Polyfunktionalität im literarischen Diskurs aufzuzeigen. Damit wird ein für Morgners künstlerisches Schaffen unabdingbarer Grundzug beleuchtet, der ihre Romane über ein enges, inhaltsorientiertes Zeit-, Raum- und Ideologieschema des ehemaligen Staates DDR hinausführt und für neue Interpretationsvarianten öffnet.