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Blitzkrieg gegen den Krebs

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War die Moral der Nationalsozialisten doch vielschichtiger, als wir glauben? Kann gute und nützliche Forschung aus einem Terrorregime kommen? Was könnte dies über die Gesundheitspolitik in unserer heutigen Gesellschaft verraten? Proctor ist der Ansicht, daß wir das Dritte Reich differenzierter betrachten müssen, als wir dies bisher taten. Aber das bedeutet auch, daß die fortschrittliche und weitblickende Gesundheitspolitik der Nationalsozialisten im Grunde derselben Ideologie entstammte wie ihre medizinischen Verbrechen: dem Ideal eines rassisch reinen Utopia, das nur den gesunden Deutschen vorbehalten war. Nach der Veröffentlichung einer früheren bahnbrechenden Arbeit über die Greueltaten der Nazi-Ärzte verfaßte Proctor dieses Buch, denn er hatte Dokumente entdeckt, wonach die Nationalsozialisten die aggressivste Anti-Raucher-Kampagne in der modernen Geschichte führten. Weitere Forschungen ergaben, daß die Regierung des Dritten Reiches eine breite Palette von Maßnahmen zur Volksgesundheit beschloß, darunter gegen Asbest- und Strahlenbelastung, Pestizide und Lebensmittelfarben. Die Gesundheitsbehörden erließen strikte Vorschriften für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und förderten bestimmte Nahrungsmittel wie Vollkornbrot und Sojabohnen. Diese praktischen Maßnahmen gingen Hand in Hand mit Gesundheitspropaganda, die zum Beispiel den Körper des Führers und dessen Lebensstil als Nichtraucher und Vegetarier zum Ideal erhob. Proctor zeigt auf, daß »Krebs« auch zur gesellschaftlichen Metapher gewählt wurde. Die Nationalsozialisten zeichneten die Juden und andere »Volksfeinde« als »Krebsgeschwür«, das aus dem deutschen Volkskörper herausgeschnitten werden mußte.

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ISBN
9783608910315

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