Kultur
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Der Begriff der Kultur hat den der Rasse als zentrales Rechtfertigungsinstrument für Diskriminierung und Unterdrückung jedweder Art abgelöst. Rassen-Unterschiede spielen in den offiziellen Diskursen zur Legitimierung von fremdenfeindlichen Politiken kaum noch eine Rolle, umso mehr aber kulturelle. Dabei war der Kulturbegriff zumindest in die US-amerikanischen Sozialwissenschaften ursprünglich ausdrücklich als Gegenbegriff zu dem der Rasse eingeführt worden: es liege nicht an der Biologie, sondern an der Kultur, dass sich die Verhaltensweisen der Angehörigen unterschiedlicher Menschengruppen so grundlegend unterscheiden. Die Ursachen für diesen Bedeutungswandel und die Mechanismen, mittels derer er bewerkstelligt wurde, wissenschaftsgeschichtlich nachzuzeichnen, ist das zentrale Thema des Buches. Ermöglicht hat ihn vor allem der in dem sozialwissenschaftlichen Kulturbegriff von Anfang an angelegte Substanzialismus: Kulturen erschienen (ebenso wie zuvor die Rassen) als diskrete, wesensmäßig und unabänderlich verschiedene Gebilde, als Naturgegenstände wie Himmelskörper oder biologische Spezies, zwischen denen es keine andere Art der Interaktion als den Zusammenstoß bzw. den Überlebenskampf geben könne. Überwunden werden können diese Konsequenzen nur durch ein Konzept, das die Unterschiede zwischen den Kulturen als historisch kontingent und nicht in einem unwandelbaren Wesen begründet erkennt und damit auch den Gegensätzen zwischen ihnen ihren absoluten und unabänderlichen Charakter nimmt.