Untersuchungen zur Geschichtsschreibung der Ahmosiden- und Thutmosidenzeit
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Zu Beginn des Neuen Reiches findet sich eine große Anzahl königlicher wie nicht-königlicher Texte vorrangig militärischen Inhalts, die als Quellen der politischen Geschichte dieser Epoche Verwendung finden. Dem steht teilweise in der Forschungsliteratur die Ansicht gegenüber, daß sie keine historiographischen, sondern propagandistische Texte seien und ihre Historizität damit infrage gestellt werden müsse. Die logische Konsequenz dieser Argumentation wäre, diese Inschriften als verläßliche Quellen zu streichen und die bisherigen Darstellungen der Geschichte der Ahmosiden- und Thutmosidenzeit zu überdenken. In der Arbeit wurde daher zunächst untersucht, ob diesen Texten der Charakter einer Geschichtsschreibung zugesprochen werden darf. Von Bedeutung war weiterhin die Beantwortung der Frage, wer die „Geschichte“ niederschrieb beziehungsweise niederschreiben durfte und was eigentlich als erinnerungswert empfunden wurde. Letzteres führte zu dem Problem des Adressatenkreises der Texte: Der Kreis der lesekundigen Ägypter gilt als sehr gering, weshalb bisher davon ausgegangen wurde, daß die Inschriften kaum tatsächlich gelesen wurden. Vielmehr galten sie als Mittel der Selbstindoktrination der literaten Elite sowie der Schaffung von Realität qua magischer Wirksamkeit des geschriebenen Wortes. In der Arbeit konnte jedoch nicht nur nachgewiesen werden, daß der Grad der Literalität höher war als bisher angenommen, sondern auch, daß die Texte direkt an die Menschen der Gegenwart wie der Zukunft gerichtet waren. Es konnte festgestellt werden, daß die Inschriften dieser Epoche tatsächlich den Anspruch erhoben, reale Ereignisse wahrheitsgemäß niederzuschreiben. Sie sollten von den Menschen der Gegenwart und Zukunft gelesen werden und den Lesern und dem Autor von Nutzen sein. Daß sie darüber hinaus auch den Zweck der Propaganda erfüllten, ist kein Grund, ihnen die historiographische Motivation abzusprechen, denn Geschichtsschreibung wurde nie allein um ihrer selbst willen aufgezeichnet.