Pioniere der Reformpädagogik
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1829 gründeten die Brüder Heinrich und Karl Bender im fortschrittlichen Rheinbundstaat Baden ein privates Bildungsunternehmen nach den reformpädagogischen und nationalpolitischen Leitideen der „neuen Schulen“, die 50 Jahre später im deutschen Sprachgebiet „Landerziehungsheime“ genannt wurden. Hermeneutische Textanalysen erschließen unter religionssoziologischen, ideengeschichtlichen und politischen Aspekten den „Aufbruch in die Pädagogische Moderne“. Die Benderlehrer erzogen die Söhne und Enkel reicher Bank- und Handelshäuser aus international verzweigten Herkunftsfamilien des progressiven Besitz- und Bildungsbürgertums nach Leitsätzen und Methoden aus Herbarts Lehre vom „erziehenden Unterricht“. Mit dem Theorietransfer der aus den Universitäten kommenden jungen Lehrer aktualisierten sie kontinuierlich ihre Erziehungspraxis. Sie folgten den pädagogischen Konzepten von Rousseau, Pestalozzi, Fichte und Jahn. Spiele, Feste, Reisen, soziale, ästhetische und kulturelle Signaturen des Lernens beschreiben die Konturen des frühen pädagogischen Reformprojekts. In der exklusiven „Anstalt“ der bürgerlich-nationalen Elitebildung unter einem protestantischen Erziehungsideal wurden die „Zöglinge“ auf die Herausforderungen des bahnbrechenden naturwissenschaftlich-technischen Fortschritts der industriellen Revolution wie auf ihre ökonomisch und politisch privilegierten Funktionen in Staat und Gesellschaft vorbereitet. Im Spannungsfeld von Beharrung und Fortschritt war die Sozialisationswelt der geschlossenen „erziehenden Gemeinschaft“ Benderanstalt auch eine antimoderne, romantische Idylle deutscher Reformpädagogik.