Dokumente zu den Bemühungen um eine Reform der deutschen Orthographie in der sowjetischen Besatzungszone und in der DDR von 1945 bis 1972
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Mit dem vorliegenden Band aus der Reihe „Documenta Orthographica“ wird eine weitere Lücke in dem Unternehmen geschlossen, den mühevollen Weg zur Vereinfachung der deutschen Orthographie nachzuzeichnen. Die ausgewählten Dokumente belegen, welche Rolle die DDR-Sprachwissenschaft in Bezug auf die internationalen Bemühungen um eine Rechtschreibreform spielte, aber auch die Sicht der politischen Vertreter und anderer interessierter Kreise auf die Problematik wird erhellt. Die zum großen Teil erstmals veröffentlichten Materialien aus den 40er, 50er, 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts spiegeln aus ihrem spezifischen Blickwinkel Etappen, Entwicklungen und Prozesse, die schließlich ihren Höhepunkt in der Verabschiedung der „Gemeinsamen Absichtserklärung zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“ am 1. Juli 1996 fanden. Die in den anderen deutschsprachigen Staaten zentrale Frage nach der Zuständigkeit des Staates für eine Rechtschreibreform war für die DDR relativ schnell zu klären. Deren zentralistische Machtstrukturen ließen im Grunde eine endgültige Zustimmung zu einer möglichen Rechtschreibreform nur durch das Politbüro des Zentralkomitees der SED zu. Zwar war seit den 50er Jahren die Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin mit einer Handlungsvollmacht ausgestattet, endgültige Entscheidungen über die Durchführung einer Reform hätte sie aber nicht treffen können. In den 70er Jahren wurde dann die Akademie direkt durch das Politbüro mit der Erarbeitung der Grundlagen für eine Rechtschreibreform und mit der Erstellung von Neuregelungsvorschlägen beauftragt. Diese 1973 einsetzende Phase stellt eine neue Qualität der Reformbemühungen im internationalen Kontext dar und begründet den für diesen Band festgelegten Erfassungszeitraum von 1945 bis 1972. Erst die politische Wende von 1989/90 in der DDR machte es möglich, die vielfältigen Materialien zur Rechtschreibreform des Deutschen, die sich in Archiven und Bibliotheken angesammelt hatten, zu sichten, auszuwerten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.