"Wilhelm Meisters Lehrjahre" im Kontext des hohen Romans
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Der Weg in vorliegender Publikation führt fernab der Bildungsromandiskussion von den entstehungsgeschichtlichen über die gattungshistorischen Fundamente des Goetheschen Romans Wilhelm Meisters Lehrjahre. So bildet die kontrastive Analyse der fragmentarischen Urfassung Wilhelm Meisters Theatralische Sendung und der systematisch umgearbeiteten Version der Lehrjahre die Basis der Untersuchung. Dabei richtet sich das Interesse auf Goethes Änderung des Bauplanes und die damit einhergehende Erweiterung wie auch Neuanlage von Motivlandschaften. Die Analyse narrativer Änderungsprinzipien mündet in die Suche nach einem möglichen literarischen Muster für die Neustrukturierung des Werkes. Und die Untersuchungen lassen nur einen Schluss zu: Goethe orientierte sich strukturell wie auch hinsichtlich der Motivauswahl am Modell des europäischen hohen Romans. Die Arbeit zeigt darüber hinaus, dass mit Anton Ulrichs Römischer Octavia ein spezieller Einzeltext aus dieser Traditionslinie zum Vorbild für die Umgestaltung des Meister-Romans wurde. Die Frage schließlich nach dem intentionalen Fundierungszusammenhang der Neukonzeption lenkt den Fokus auf die dem historischen Modell inhärenten semantischen Implikationen und kommt über gattungstheoretische Betrachtungen zu dem Ergebnis: Indem Goethe tradierte Struktur-, Motiv- und Sinnmuster der Romangattung aufgriff und den eigenen Roman gleichzeitig durch gezielte Eingriffe im Sinne der Verbürgerlichung, Liberalisierung wie Säkularisierung von dem überlieferten Modell abzugrenzen wusste, stellte er die Weichen für die Nobilitierung der Romanform.