Preußische Armee und polnische Minderheit
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Die Armeen der modernen Nationalstaaten gelten als zentrale Träger des Nationalbewusstseins und durch die allgemeine Wehrpflicht als „Schule der Nation“. Gerade in Preußen geriet die Armee nach 1815 in die noch über ein Jahrhundert währende Spannung zwischen einer Bestimmung als Parlamentsheer bzw. Königsheer. War damit das Verhältnis zur Zivilbevölkerung schon generell kompliziert und ideologisch aufgeladen, so trat als weitere Herausforderung das wachsende (ethno-) nationale Bewusstsein sowohl der Deutschen als auch der staatenlosen Völker hinzu. Im preußischen Fall bildeten die Polen, vor allem in den Provinzen Posen und Westpreußen, die zahlenmäßig und – als lebendes Erbe aus den polnischen Teilungen – auch in ihrer politischen Qualität bedeutendste Minderheit. Während besonders nach der Reichsgründung die preußische Innenpolitik immer mehr unter den Einfluss der vom akademischen Bürgertum ausgehenden ethnischen Nationalidee geriet und eine assimilative „Polenpolitik“ verfolgte, orientierte sich das im Rahmen des royalistischen Staates hochgradig autonome Offizierskorps bis 1914 vor allem an seinen eigenen ideellen und funktionalen Zielen: der Bewahrung seiner eigenen Homogenität und der Verteidigung einer konservativen Staatsidee, dem reibungslosen Funktionieren der Soldaten sowie dem Primat militärischer über zivile Belange. In diesem Kontext fand eine akademische Diskussion über das Wesen der Nation keinen Platz. Die nach der Vernichtung des Potsdamer Heeresarchivs 1945 noch vorhandenen Militärakten und andere Dokumente geben keinen Hinweis auf eine spezifisch gegen die Minderheiten gerichtete Politik in der Armee; die durchgeführten Integrationsmaßnahmen waren funktional motiviert und trugen kaum zu einer schon theoretisch schwer definierbaren „Germanisierung“ der Polen bei.