(Um- oder Ab-)Wege zur Erinnerung
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Grußwort von Michael Fürst, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen Allen Beteiligten gilt unser ausdrücklicher Dank. Das MENORAH-Projekt hat die jüdischen Bürger Schaumburgs, die im 3. Reich unter Verfolgung, Deportation und Ermordung leiden mussten, die ihre Freunde und Nachbarn verloren, nur weil sie einer vermeintlich anderen minderwertigen Rasse angehörten, in die Gegenwart zurückgeholt. Die symbolische Rückgabe der Bürgerrechte ist nicht nur ein Symbol selbst, sondern gleichzeitig ein Akt tiefer Reue und Scham, weil sich keiner schützend vor die jüdischen Bürger gestellt hat. Nur deshalb konnte es zu den millionenfachen Morden kommen. Wir können unsere Mütter und Väter, Schwestern und Brüder, Freunde und Bekannte nicht wieder zurückholen. Sie schauen aber auf uns mit Genugtuung und Anerkennung herab. Es ist spät, aber die Anstrengungen der Projektgruppe MENORAH zeigen: es ist nicht zu spät! Vorwort von Jens Gundlach, ehem. Ressortleiter der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, Kuratoriumsvorsitzender der Hospiz Stiftung Niedersachsen, Mitglied des Konvents des Klosters Loccum Angestoßen durch Hasso Neumann, ist in Schaumburg ein Verständigungsprozess über das Gedenken an die hier einst lebenden jüdischen Bürger in Gang gekommen, die in der NS-Zeit vertrieben, verschleppt und zum großen Teil ermordet wurden. Dass solche Erinnerung mit dem Ziel einer regionalen Gedenkkultur kontrovers verläuft, ist wünschenswert. Durch gepflegte Auseinandersetzung wird Geschichte klarer und dringt – was bei dieser Thematik besonders wichtig ist – tiefer ins Bewusstsein ein. Individuen, gesellschaftliche Gruppen und auch Institutionen sind versucht, geschichtliches Gedenken aus ihrer je eigenen Perspektive und Interessenlage zu monopolisieren. Jedem Anspruch auf Geschichts- und Erinnerungshoheit ist daher mit Misstrauen zu begegnen. Selbst Darstellungen darüber, wie Verständigung über eine Gedenkstätte für Juden im Einzelnen abgelaufen ist, unterliegen der Gefahr von Einseitigkeit. Einseitigkeit vor allem durch Lückenhaftigkeit muss sich die Schaumburger Landschaft als Herausgeberin des Buches „Wege zur Erinnerung“ ebenso wie die mitfinanzierende Stadt Stadthagen vorhalten lassen. So ergibt sich in einer aufgeklärten Politik- und Kulturszene die Notwendigkeit, die Veröffentlichung der Schaumburger Landschaft durch eine Dokumentation bislang verschwiegener Sachverhalte zu ergänzen. Wenn objektive Beobachter der Medien beiden Werken zusammengenommen nun das Prädikat „annähernd vollständig“ verleihen sollten, hätte die vorliegende Arbeit ihren Zweck erreicht. Dabei ist in der Leserschaft wahrscheinlich mit Zustimmung darüber zu rechnen, dass es ebenso falsch ist, sein Licht in einer liebenswerten 'Landschaft' auf einen zu hohen Sockel zu stellen, wie beim Verfassen ergänzender Informationen sein Licht unterm Schreibtisch zu verstecken. Das abgründige Verbrechen an den Juden kann einen bis heute an Gottes Güte zweifeln lassen, obwohl es Menschen sind, die dafür verantwortlich waren. Dennoch möge er seinen Segen geben allen, die mit unverstelltem Blick auf die Vergangenheit gemeinsam um eine bessere Zukunft ringen.