Stalin-Kult und rotes Woodstock
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„Unser Lied die Ländergrenzen überfliegt: Freundschaft siegt! Freundschaft siegt!“ – Das „Lied der Weltjugend“ gehörte zum festen Repertoire der Teilnehmer der III. Weltfestspiele der Jugend und Studenten, die im Sommer 1951 in Ostberlin stattfanden. Geprägt von Stalinismus und Kaltem Krieg, wurde das Großereignis von der Führung des jungen Arbeiter-und-Bauern-Staats vor allem als Möglichkeit gesehen, die deutsche Teilung zu zementieren. Doch die Veranstalter hatten mit der schlechten Versorgungslage und der offenen Grenze nach Westberlin zu kämpfen. 22 Jahre später war das „Lied der Weltjugend“ wieder in aller Munde. Die Weltjugendfestspiele kehrten 1973 nach Ostberlin zurück. Die zehnte Auflage des Festivals stand im Zeichen der Ost-Verträge und der Entspannungspolitik. Rockmusik unterhielt die Besucher und brachte dem Festival den Beinamen „Rotes Woodstock“. Der Alexanderplatz avancierte zum großen Diskussionsforum für Teilnehmer unterschiedlicher Nationalitäten und politischer Richtungen. Die SED-Führung konnte so den Anschein einer wirklich freien Großveranstaltung erwecken. DDR-Propaganda und -Geschichtsschreibung verklärten beide Weltjugendfestspiele zu freien und internationalen Friedensdemonstrationen. Andreas Ruhl belegt durch seinen historischen Blick hinter die Kulissen die Ausnutzung beider Festivals für propagandistische Zwecke und politische Ziele, dokumentiert Organisationsstrukturen und -probleme. Seine fundierte Analyse tritt dem weit verbreiteten Hang zu nostalgischem Sentiment auf breiter Faktenbasis entgegen.