"Das Reich muß uns doch bleiben"
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Wie andere Universitäten auch, hat sich die Universität Gießen mit ihren Reichsgründungsfeiern, die zwischen 1915 und 1939 stattfanden, nicht befaßt. Sie sind für sie, wie überhaupt die Geschichte und Vorgeschichte der Nazi-Universität, kein Thema. Gleichwohl gibt es in einigen Publikationen (Frontabschnitt Hochschule, 1982; Avantgarden des Faschismus, 2007) Skizzen zur Gestalt und Funktion der Feiern. Die Reichsgründungsfeiern an der Universität Gießen entsprechen, wie anderswo, dem im allgemeinen Teil skizzierten äußeren und inneren Erscheinungsbild. Sie sind sowohl durch die Form des national gestimmten Rituals wie auch durch den Inhalt stets politische Veranstaltungen. Dabei waren die Hauptvorträge, die Festreden, in der Regel nicht politisch, sondern stellten wissenschaftliche Themen in den Vordergrund, oft mit einer Einbindung oder Bezugnahme auf das Ereignis der Reichsgründung. Allerdings waren diese Vorträge stets umrahmt von den politisch und ideologisch aufgeladenen, die Feier einleitenden Ansprachen des jeweiligen Rektors. Es war eine Art Amtspflicht des Rektors, bei den Reichsgründungsfeiern das Wort zu ergreifen, die Feier einzuleiten. Dagegen ist kein Rektor je bei den Verfassungsfeiern aufgetreten, mit denen der Weimarer Reichsverfassung die Reverenz erwiesen wurde.