Justiz und Demokratie
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Heinz Düx, geboren 1924 in Marburg/Lahn, distanzierter Insider der bundesdeutschen Justiz und radikaldemokratischer Außenseiter der politischen Publizistik, gehört zu den herausragenden demokratischen Juristen und Antifaschisten der Bundesrepublik. Die vom Marburger Historiker Friedrich-Martin Balzer besorgte Gesamtausgabe seiner Schriften (1948-2013) erlaubt Antworten auf die Frage: 'Was für ein Staat war die BRD?'. Sie enthält Beiträge zum Verständnis der westdeutschen Nachkriegsgeschichte, über Irrwege, Kontinuitäten und Bruchstellen. Sie nimmt Stellung zu den verpaßten und verhinderten Gelegenheiten zur Erneuerung von Justiz und Demokratie in Westdeutschland. Der Anschluß an westliche Demokratietraditionen blieb Stückwerk. Soweit sich die Gegenstände des wissenschaftlichen und publizistischen Wirkens von Düx auf die Rolle der Justiz im Kaiserreich (u. a. mit seiner bisher unveröffentlichten Dissertation aus dem Jahre 1948 über 'Die freie Gewerkschaftsbewegung, ihr Wesen und ihr Einfluß auf die Rechtsentwicklung von der Gründung bis zum Ausbruch des 1. Weltkriegs“), in der Weimarer Republik und dem Nazi-Regime beziehen, stellt das vorliegende Sammelwerk auch einen Beitrag zum deutschen Sonderweg dar. Der Sonderweg der deutschen Geschichte war mit dem 8. Mai 1945 keineswegs beendet. Als Widersacher des 'Strafvereitelungskartells' (Ingo Müller) aller drei Staatsgewalten gegenüber den Tätern und als Verfechter der 'Wiedergutmachung' gegenüber allen Opfern des Nazi-Regimes, u. a. als Sachverständiger bei drei Anhörungen des Deutschen Bundestages, stellt Düx einen Orientierungspunkt in einer Zeit ohne Leitfiguren für die seit 1968 nachwachsende Generation fortschrittlicher Juristen dar. Als Untersuchungsrichter im Frankfurter Auschwitz-Prozeß und als Vorsitzender Richter am Frankfurter Oberlandesgericht stellt Düx eine Ausnahmeerscheinung der bundesdeutschen Justizszene dar und ist zu einem der wenigen Motoren bei der juristischen Aufarbeitung des deutschen Faschismus geworden. Im Vorfeld des 50. Jahrestages des Frankfurter Auschwitz-Prozesses, der als ein gewisser Lichtblick in der Düsternis der westdeutschen Rechtsprechung über die Verbrechen des Faschismus erscheint und ohne die Mitwirkung des inzwischen im 90. Lebensjahr stehenden Untersuchungsrichters Heinz Düx kaum denkbar gewesen wäre, liegt es nahe, sich seines Lebens und Wirkens zu erinnern. Zusammen mit dem hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (1903-1968) stellt Düx eine singuläre und irreguläre Erscheinung von historischem Rang dar, die aufgrund ihres berufsbezogenen Engagements in Praxis und Theorie einen relevanten Platz in der Nachkriegsgeschichte nach 1945 einnimmt. Mit Gotthold Ephraim Lessing muß jedoch gesagt werden: Düx will weniger erhoben und dafür fleißiger gelesen sein. Friedrich-Martin Balzer, Jg. 1940, Promotion bei Wolfgang Abendroth, zahlreiche Veröffentlichungen zur Zeitgeschichte, zuletzt erschien 'Prüfet alles. Das Gute behaltet' und 'Protestantismus und Antifaschismus vor 1933. Der Fall des Pfarrers Erwin Eckert in Quellen und Dokumenten'.