Reenactment
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Als Reenactment werden nachinszenierte Spielszenen bezeichnet. Mittlerweile haben sie sich als gerne verwendetes Darstellungsmittel in Geschichtsdokumentationen etabliert. Dabei prägen solche Reenactments nicht nur das Geschichtsbild im deutschen Fernsehen und damit der Gesellschaft, sondern sind auch funktional für die Modellierung eines Geschichtsvermittlungsprozesses zu bewerten. Die Studie untersucht die verschiedenen Formen und potentiellen Funktionen von Inszenierungen und Fiktionalisierungen anhand der Reenactments in bundesdeutschen Fernsehgeschichtsdokumentationen von Mitte der 1990er Jahre bis 2014. Ausgehend von einer theoretischen Auseinandersetzung mit der Begriffsgeschichte und dem Forschungsstand werden Differenzierungskriterien für die verschiedenen Ausprägungen des Reenactment entworfen. Unter kultur- und mediensemiotischen Aspekten werden die Strukturen einer Geschichtsdokumentation anhand von exemplarischen Analysen durchleuchtet und Reenactment systematisiert. Der retrospektive Erzählmodus offenbart dabei eine semantische Dimension, reenactments verstärkt im Wechselspiel mit ihrer Produktionskultur zu lesen. Authentizität in Geschichtsdokumentationen ist weniger eine ontologische Größe, welche durch die reine Abbildung von Fakten genährt wird, sondern stellt sich als ein textextern und -intern zugewiesener Wert heraus. Dieser Aspekt der Authentifizierung verarbeitet mit Hilfe von Reenactments kulturelles Wissen und Wahrnehmungssemantiken der Produktionskultur, welche mitunter von populärkulturellen Formaten geprägt sind. Ein Hauptaugenmerk liegt auf der Veranschaulichung dieses Verhältnisses zwischen Authentizität und Fiktion in einem faktualen Format. Dabei mündet die Studie in der Erkenntnis, dass sich Reenactments weniger ‚störend‘ auf die Geschichtsvermittlung, sondern vielmehr authentifizierend die dokumentarische Rekonstruktion begleiten.