Eigentlich wollte ich Gärtner werden
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Als Arbeiterkind erhielt ich in der DDR die Chance, das Abitur zu machen und mit einem Stipendium zu studieren. Eher zufällig, als von mir angestrebt oder von den Eltern gelenkt, konnte ich eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen. Nach der Habilitation folgten Berufungen zum Hochschuldozenten und Ordentlichen Professor. Damit wurde ich Teil der neuen Intelligenz, die die bürgerliche, nach Kriegsende entnazifiziert und im Amt belassen, schrittweise ersetzen sollte. Die Erwartung war, dass ein schöpferischer Beitrag beim Aufbau der sozialistischen Gesellschaft geleistet werden sollte und somit, auf einen ökonomischen Nenner gebracht, die Investition des Staates die erwartete Rendite brachte. Das funktionierte aber, wie vieles andere, nur in der Theorie so. In der Praxis geriet ich, inzwischen auch von der SED als Mitglied vereinnahmt, in Funktionen, für die ich von der Lebenserfahrung und dem fachlichen Hintergrund eigentlich noch zu unerfahren war. Wie viele meiner Weggefährten habe ich mich trotzdem redlich bemüht, die gestellten Aufgaben zu erfüllen. In den 1980er Jahren entwickelte sich ein größer werdender Widerspruch zwischen den Parteitagsbeschlüssen und der alltäglichen Realität. Die Oberen glaubten, die Ökonomie überlisten und mit Aktionismus Probleme lösen zu können. Im Gesundheitswesen wurde der Weg einer langfristig angelegten Forschung, für deren Steuerung in einem wichtigen Projekt ich nach Berlin geholt worden war, verlassen. Eine Inspektion des ZK der SED drängte auf schnelle, praxiswirksame Lösungen. Dafür musste ich meinen Posten räumen und mich später in Dresden und Berlin in neuer Umgebung noch zweimal umorientieren, bevor die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten einen Systemwechsel herbeiführte ...