Reichsadler und Brieftaube
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Wir schreiben das Jahr 1886: Das ganze deutsche Postwesen ist von der staatlichen Post besetzt… Wirklich das ganze? Nein! Einige private Postdienstleister hören nicht auf, Widerstand zu leisten. Wie konnte es im deutschen Kaiserreich zu einem Einbruch der Privatwirtschaft in den sorgfältig gehüteten Hort einer staatlichen Institution wie der Post kommen? Um diese Auseinandersetzung zwischen staatlichem Reichsadler und privater Brieftaube zu verstehen, muss man wissen, dass das Postmonopol bei der Gründung des Deutschen Reiches 1871 den Bereich der innerörtlichen Briefzustellung nicht regulierte. So konnten im Zeitraum bis 1900, als diese „Lücke im Postgesetz“ geschlossen wurde, private Unternehmen der Reichspost in diesem Bereich Paroli bieten. Die Ereignisse in Karlsruhe zeichnen dieses spannende Kapitel der deutschen (Post-)Geschichte im Kleinen nach, angefangen von der Aufbruchsstimmung des Jahres 1886, den Chancen und Versäumnissen der frühen Jahre, dem verdeckten Kampf der Reichspost gegen die ungeliebte Konkurrenz über innerörtliche Konkurrenzunternehmen, Verkauf, Insolvenz und kriminelle Machenschaften bis hin zu einem erfolgreichen Unternehmen, das erst durch das gesetzliche Verbot der Privatpostfirmen ausgebremst wurde. Ähnlich faszinierend wie die Geschichte ist auch die philatelistische Hinterlassenschaft dieser Zeit. Mit der Wahl der Motive für ihre Marken und Ganzsachen waren die Unternehmer Pioniere und verwendeten ungewohnte Sujet, angefangen vom Karlsruher Stadtwappen über markante Bauwerke der Stadt bis hin zu Plagiaten französischer Staatspostmarken. Auf der Spurensuche trifft man immer wieder auf den Einfluss der zeitgenössischen Sammler und dem Versuch, diesen die eigenen Marken nahe zu bringen. Aber auch innovative Dienstleistungen wie Kartenbriefe oder Bar-Frankaturen prägten diese Zeit. Und nicht zu vergessen das immer präsente Thema Werbung.