Migration als Bewegung am Beispiel von Stuttgart und Lyon nach 1945
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Anknüpfend an geschichts- und sozialwissenschaftliche Studien zur räumlichen Mobilität von Menschen untersucht Bettina Severin-Barboutie Praktiken und Taktiken des Kommens, Gehens und Bleibens vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis in die 1980er Jahre, wobei auch Protestformen wie Hungerstreiks zur Sprache kommen. Als Beispiele dienen die Städte Stuttgart und Lyon, die einerseits Gemeinsamkeiten aufweisen, die sie gut vergleichbar machen, andererseits aber auch für die Fragestellung produktive Unterschiede besitzen. Für beide Städte werden Männer, Frauen und Kinder italienischer Staatsangehörigkeit analysiert, für Stuttgart ferner türkische Staatsangehörige und für Lyon in Algerien geborene Menschen muslimischer Religion und ihre Nachkommen. Die Autorin wirft neues Licht auf das Mobilitätsgeschehen nach 1945. Zum einen verabschiedet sie sich von der Vorstellung von Migration als Bewegung von A nach B und lotet unterschiedliche Formen, Richtungen, Funktionen und Deutungen menschlicher Bewegung durch den Raum aus. Beispielsweise beleuchtet sie Pendelbewegungen und verschiedene Arten und Semantiken der Rückkehr. Zum anderen gewährt sie Einblicke in Beziehungen zwischen unterschiedlichen Mobilitätsformen wie Arbeitskräftewanderungen und Urlaubsreisen und beleuchtet zugleich Wechselwirkungen zwischen Mobilität und Immobilität. Dadurch veranschaulicht sie nicht nur, dass menschliche Bewegung durch den Raum für das Verständnis von Migration ebenso relevant ist wie die Zeit vor und nach der Mobilität und entsprechend systematisch in deren historische Analyse einbezogen werden sollte. Sie generiert ebenfalls Fragen und eröffnet Perspektiven, die den Blick auf die Vergangenheit insgesamt erweitern könnten.