Grimm ganz nah, zweiter Streich
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Die Märchen der Brüder Grimm sind neben der Lutherbibel das am weitesten verbreitete Buch deutscher Herkunft mit einer weltweiten Gesamtauflage von über einer Milliarde. In zahllosen Büchern hat man auf vielfältige Weise versucht, diese Märchen als Botschaften des kollektiven Unbewussten zu interpretieren und tiefenpsychologisch zu entschlüsseln. Eine Zeitlang sah es so aus, als würde für Erwachsene der einzige Zugang zu den Märchen über Freud und Jung erfolgen können: Märchen als Hilfe zur Lebensbewältigung oder als ultimative Antwort auf alles und nichts. Was jedoch bei aller Suche nach tieferem Sinn und vermuteter wahrer Bedeutung völlig aus dem Fokus geraten kann, ist das Märchen selbst. In diesem Buch geht es aber gerade um die Frage, was genau da eigentlich erzählt wird. Gegenstand bilden die Märchen, wie sie von den Brüdern Grimm nach ihrer letzten Bearbeitung in der siebenten Auflage „letzter Hand“ der Kinder- und Hausmärchen, 1857, hinterlassen wurden. So haben sie seitdem in Deutschland (und in mehr als 170 Ländern) weite Verbreitung gefunden. Deutungen erfolgen nur innerhalb des vorgegebenen Textes und sollen vordringlich die innere Logik der Geschichte sowie ihre Schwachstellen offenlegen. Zusätzlich wird ein Blick darauf geworfen, wie diese Textfassung entstanden ist. Alle Mutmaßungen über die tiefere Bedeutung des Dargestellten werden bewusst zurückgestellt. Es sollen keine neuen Märchen auf die alten aufgepfropft werden. Dazu fühlt sich der Autor auch gar nicht berufen - er ist Ingenieur und gehört damit zu einer Berufsgruppe, deren Tätigkeitsfeld weit abseits der Märchenwelt liegt.