Diskurse des Sonalen
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Für die westliche Kultur der Moderne wird immer wieder und immer noch das ästhetische wie epistemische Primat des Visuellen proklamiert, obwohl sich die Lebenswelt gleichermaßen als Klangwelt darstellt und auch diese Wahrnehmungen, Handlungen, Logiken, Machtbeziehungen und Bedeutungen generiert. Immerhin: Seit kurzem wird Klang und überhaupt alles Ohrenfällige als Teil kultureller Verhandlungen und kultureller Praxis in verschiedenen Disziplinen stärker wahrgenommen und untersucht. Die Perspektiven, Definitionen und Begrifflichkeiten sind dabei jedoch keineswegs einheitlich. Der vorliegende Band schlägt ›Sonalität‹ als Komplementärbegriff zu ›Visualität‹ vor. Er soll einerseits dazu beitragen, sich vom visuellen Paradigma der medienkulturwissenschaftlichen Forschung weiter zu emanzipieren, und andererseits ermöglichen, historische und kulturelle Klangmuster, -praktiken und Hörerwartungen als Teil eines Dispositivs zu erkennen und zu untersuchen, ohne zugleich bestehende Begriffe der Klangforschung überschreiben zu wollen. Nicht zuletzt eignet sich der Begriff dazu, das Verhältnis von ›Oralität‹ und ›Literalität‹ neu zu bedenken. Aus literatur-, kultur-, medien-, sound- und musikwissenschaftlicher Perspektive untersuchen die Beiträge des Bandes sonale Phänomene vom Melodram des 18. Jahrhunderts bis zum Sound Writing der Gegenwart, von Edisons Phonograph bis zur Hörlyrik des 21. Jahrhunderts, von serbischen Epensängern bis zur Klangperformance am Schnittpunkt von Natur, Architektur und menschlichem Körper.