Reden über Dostojewskij
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Nach Dostojewskijs Tod im Januar 1881 hat der Philosoph Wladimir Solowjew am Grabe seines verstorbenen Freundes und dann mehrere Male bei Gedächtnisfeiern Reden über ihn gehalten, in denen er ihn als christlichen Propheten und als geistigen Führer Rußlands gepriesen hat. Dagegen erhob sich nicht nur von linker Seite Protest, sondern auch der ultrakonservative, streng kirchlich gesinnte Publizist Leontjew verurteilte Dostojewskij wegen seines sozialen Utopismus und seines unorthodoxen, „neuen“, „rosaroten“ Christentums. Solowjew verteidigte Dostojewskij gegen die Vorwürfe von rechts und von links, distanzierte sich dann aber selbst durch seine Annäherung an die katholische Kirche und seine immer schärfere Ablehnung des russischen Nationalismus in zunehmendem Maße von Dostojewskij. Der vorliegende Band enthält die einschlägigen Texte Solowjews, die großenteils bisher noch nicht in deutscher Übersetzung vorlagen, mit ausführlichem Kommentar. Die Problematik, die hier behandelt wird, hat heute besondere Aktualität, weil sehr verschiedene weltanschauliche und politische Gruppen, die in Rußland miteinander ringen, sich auf Dostojewskij berufen. War er ein christlicher Prophet, ein humanitärer Schwärmer oder ein russischer Chauvinist? Solowjew sagt: Er war von all dem etwas und darum keins von dem ganz, und deswegen kann sich heute niemand auf sein ganzes Erbe berufen.