Einheit und Zweiteilung
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Das Geistesleben im Japan des späten 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war geprägt durch eine bis dahin nicht bekannte Blüte mannigfacher Denkströmungen, entstanden aus der verstärkten Adaption des Konfuzianismus und dessen Auseinandersetzung mit den vorherrschenden Traditionen des Buddhismus und des Shintoismus. Der japanische Arzt Andô Shôeki (1703-1762) war einer der Gelehrten jener Zeit, die Schwächen und Mißstände der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Situation aufdeckten und Vorschläge für mögliche Reformen erarbeiteten. Shôekis Denken ist geprägt von der Vorstellung eines kreisförmigen Ablaufs des Weltgeschehens zwischen den Polen der Idealwelt und der degenerierten „Gesetzeswelt“. Die tragenden Säulen der Gedankenstruktur Shôekis sind die Annahme der Einheit aller Existenz, deren Zerstörung durch „Zweiteilung“ und die zwingende Notwendigkeit, wieder zum ursprünglichen Zustand zurückzukehren, um den drohenden Weltuntergang zu verhindern. Weil aber eine vollständige Rückkehr zu den Verhältnissen der Vergangenheit nicht realisierbar ist, bleibt der Entwurf auf der Stufe eines Kompromisses stehen. Die Radikalität seiner Kritik und die daraus folgende Skizze einer besseren Gesellschaft verleihen Andô Shôeki unter seinen Zeitgenossen seine einzigartige Position. Shôekis Werk gilt heute als einer der Klassiker der japanischen Ideengeschichte, dessen Aktualität für Fragen unserer modernen Zeit in der neueren Forschung immer wieder betont wird. Claus Weidner läßt Andô Shôeki selbst zur Sprache kommen, indem er eine vollständige annotierte Übersetzung der zentralen Texte, in denen sich Shôekis soziale Ideen manifestieren, seiner Studie anfügt.