"Es gibt für mich keine Zitate"
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Woran erkennt man Anspielungen und Zitate in einem literarischen Text? Wie prüft man, ob es sich wirklich um eine Anspielung handelt? In der Forschung scheint häufig die bloße Behauptung zu genügen. Die Untersuchung entwickelt in ihrem Einleitungsteil das methodische Rüstzeug zur kritischen Prüfung solcher Behauptung und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Theorie der Intertextualität. Im Mittelpunkt stehen aber Werke Ingeborg Bachmanns (1926-1973): von den frühesten Gedichten (um 1947) bis zur späten Prosa des sogenannten »„Todesarten“-Projekts«. Manch Überraschendes fördert die Analyse zutage. So können der beliebte Mythos vom lyrischen Zwiegespräch zwischen der jungen Bachmann und Celan ebenso wie die Thesen vom frühen Einfluß der Kritischen Theorie oder von Bachmanns „musikalischer Schreibweise“ deutlich relativiert werden. Kenntnisreich werden Bachmanns Texte in ihren historischen und geistesgeschichtlichen Kontext eingebettet; das gilt insbesondere für die Fragen eines „weiblichen“ oder eines Schreibens post holocaust, die in der Forschung zunehmend an Bedeutung gewonnen haben. Abschließend vollzieht die Arbeit die verstreuten Überlegungen Bachmanns zu Anspielung und Zitat nach. Sie skizziert die Funktion von Bachmanns „Aneignungstheorie“ des Zitats im Zusammenhang von Literatur und Erfahrung vor dem Hintergrund der historisch und philosophisch begründeten Sprachkritik nach 1945.