Nüchternes Kalkül - verzehrende Leidenschaft
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Die Studie untersucht die vielschichtigen Bedeutungen und Funktionen, die lang währende – glaubt man den Protagonistinnen und Berichterstattern, jahrelange – Nahrungsenthaltung in der Frühen Neuzeit gehabt hat. Ausgehend von illustrierten Flugblättern, medizinischen Fallgeschichten, Verhörprotokollen, Chroniken und Reisebeschreibungen legt die Autorin dar, wie Verhalten und Selbstdarstellung der (vorgeblich) Nahrungsabstinenten sowie die Reaktionen und Zuschreibungen ihrer Umwelt gängigen Bildern von mystisch-charismatischer Heiligkeit wie auch überkommenen humoralmedizinischen Körperkonzepten folgten. Doch die einzelnen Geschichten gehen nicht in einer Verkörperung dieser Konzepte auf. Anhand von Fallstudien werden Einblicke vermittelt in geschlechtsspezifische Handlungsräume wie auch in wissenschaftliche Erkenntnisprozesse und die spezifischen Merkmale frühneuzeitlicher Spiritualität, in das Spannungsfeld von frommer imitatio und betrügerischer simulatio und nicht zuletzt in das Weiterbestehen , mittelalterlicher’ Frömmigkeitsformen im lutherischen und reformierten Bereich. Vorstellungen von einem kontinuierlichen Säkularisierungsprozeß werden ebenso zurückgewiesen wie die Rückprojektion moderner Krankheitseinheiten.