Der Einfluss steuerlicher Verlustverrechnung auf Investitionsentscheidungen bei Risiko unter Berücksichtigung präskriptiver und deskriptiver Verhaltenselemente
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Die weltweit in den Steuerrechtsordnungen verankerten Verlustverrechnungs-restriktionen implizieren ein bedeutsames Ungleichgewicht zwischen der steuerlichen Behandlung positiver und negativer Bemessungsgrundlagen. Durch Entwicklung und Anwendung verschiedener entscheidungstheoretischer Modelle werden Aussagen über den Einfluss dieser Asymmetrie auf risikobehaftete Investitionen gewonnen. Dabei stehen zwei Fragestellungen im Fokus. An erster Stelle wird mithilfe der (präskriptiven) Erwartungsnutzentheorie analysiert, ob und in welcher Weise die steuerliche Verlustverrechnung Einfluss auf den optimalen Durchführungszeitpunkt einer risikobehafteten Investition nehmen kann. Es wird gezeigt, dass asymmetrische Steuerregime verzerrende Wirkungen entfalten und insofern (periodenbezogene) Über- oder Unterinvestitionen auslösen können. Obgleich die konkrete Wirkung einer Steuerreform entscheidend mit der Beschaffenheit der Investition und ihres Umfelds abhängt, lassen die Ergebnisse den Schluss zu, dass insbesondere die Realisation ertragreicher wachstumsstarker Investitionen durch Steuererhöhungen beschleunigt werden kann. Unter bestimmten Bedingungen kann erstaunlicherweise aber auch ein asymmetrisches Steuersystem trotz seiner immanenten Schieflage ohne Einfluss auf den optimalen Investitionszeitpunkt bleiben. Im zweiten Analyseteil dient die (deskriptive) Prospect-Theorie als Modell zur Abbildung des Risikowahlverhaltens. Dabei finden alle drei wesentlichen Merkmale der Prospect-Theorie, namentlich die Verlustaversion, die Referenzpunktabhängigkeit und die Wahrscheinlichkeitsgewichtung, Eingang in die Analyse. Es zeigt sich, dass eine symmetrische Gewinn- und Verlustbesteuerung die Attraktivität riskanter Anlagen im Vergleich zu einer Welt ohne Steuern steigern kann. Steuererhöhungen können die Bereitschaft zur Durchführung derartiger Projekte in diesem Fall fördern. Für Investorengruppen, die den Erfolg des zu bewertenden Projektes an positiven Referenzrenditen bemessen, ist dieses als „verhaltensökonomisches Steuerparadoxon“ zu qualifizierende Ergebnis allerdings nicht uneingeschränkt gültig. Steuerregime, die nur eine partielle Verlustverrechnung erlauben, können wertsteigernde, wertneutrale oder wertmindernde Effekte haben. Für den wertneutralen Fall lässt sich ein kritisches Ausmaß an Verlustverrechnungsbeschränkungen identifizieren, dessen Höhe kaum mit der Höhe des Besteuerungsniveaus variiert. Die für bestimmte Investorengruppen identifizierte neutrale steuerliche Verlustbehandlung ist insofern allgemeingültig, weil sie sowohl für Hoch- als auch für Niedrigsteuerländer gilt.