Panopticon
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Eine neue Zeitrechnung, ein neues Zeitalter, ein neuer Mensch. „Sämtliche, ‚die Psyche des Menschen verwirrende’ Phänomene wie Religion, Geisteswissenschaften und Kunst wurden abgeschafft. Bildhauerei, Malerei, Musik, Tanz, Theater und Literatur müssen von psychotherapeutischer Relevanz sein und dürfen nur gemäß den Lernzielen der jeweiligen Zielgruppe des Persönlichkeitsentwicklungsprogramms konsumiert werden.“ So ein Zitat aus dem neuen Regierungsprogramm. Nathalie lebt mit ihrem Mann in der „neuen Zeit“, in der nichts mehr ist, wie es war. Der neue Mensch ist ständig sichtbar und kontrollierbar – auch sein Schlaf, seine Träume werden überwacht. Eines Tages stößt Nathalie in ihrem Beruf als Ärztin auf eine fremde, seltsame Tätowierung, deren Zeichen ungeahnte Gefühle in ihr wecken. Als sie herausfindet, was sie bedeuten, bringen die Worte eine Saite in ihr zum Klingen. „Das Gras ist verdorrt, die Blume verwelkt, das Wort unseres Gottes besteht auf ewig.“ Plötzlich wird ihr schmerzhaft bewusst, dass dieser neuen, kalten Welt etwas fehlt. Für kurze Zeit wird sie aus ihrem bloßen Existieren herausgerissen, sie verändert sich – was nicht unbemerkt bleibt. Als sie daraufhin in die Berge, in die Einsamkeit verbannt wird, beschließt sie, dort zu bleiben. Das kurze Aufflackern von Kampfgeist weicht rasch der Resignation. Schon längst ist sie zu gleichgültig geworden, um für irgendetwas kämpfen zu wollen. Zu gut funktioniert das neue System. Claudia Paganini – als Claudia Mathis für literarisch Anspruchsvolle bereits keine Unbekannte mehr – entwirft virtuos das beklemmende Bild, beängstigende Bild einer neuen Zeit, einer neuen Generation „entseelter“ Menschen, für die das Maß aller Dinge das perfekte Funktionieren ist.