Kafka, mein Kafka
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„An einem Junitag, als die Linden stark dufteten, besuchte ich die Stadt Franz Kafkas. Mir imponierte das Stadtbild, das trotz aller Wirbel der Geschichte unversehrt geblieben war. Sogar die Häuser, die Kafka zeitweise einmal bewohnt hatte, waren alle unbeschädigt erhalten. Als ich durch die schmalen Steinpflaster-Gassen wandelte, schwebte vor mir unentwegt sein Schatten. Laufend oder zwischendurch sitzend schrieb ich, was mich ergriff. Danach tauchte ich lange aus Kafkas Welt nicht mehr auf; von dem, was ich an einem Tag schrieb, habe ich viel weglassen, statt etwas hinzuzufügen. So entstand der kleine Gedichtband Kafka, mein Kafka, der 1994 in Korea erschien.“ Nach zwölf Jahren Reifezeit und Verdichtung liegen die Kafka-Gedichte nun auf Deutsch vor, leicht bearbeitet und übertragen von der Autorin selbst, die Germanistin und Übersetzerin ist. Die poetische Durchquerung Prags auf den Spuren Franz Kafkas ist als Gesamtkunstwerk angelegt, denn sie ist mit einer eindrucksvollen Bildgeschichte – aktuellen Fotografien der Stadt Prag, insbesondere der Kafka-Orte – sowie einer Hörreise verwoben, auf der Kafkas Text „Vor dem Gesetz“ in der musikalischen Ausgestaltung der koreanischen Komponistin Sojeong Ahn erklingt. Der Gedichtband Kafka, mein Kafka geht entstehungsgeschichtlich dem Gedichtband Regenbogen für Franz Kafka (2005, Edition Toni Pongratz) voraus, der neue Kafka-Gedichte der Lyrikerin versammelt.