Rezeption in der Kirche
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Der rechtsgeschichtliche Begriff »Rezeption« wird am Ende des 19. Jahrhunderts für den Juristen und evangelischen Kirchenrechtler Rudolph Sohm zu einem fundamentaltheologischen Schlüsselbegriff für die bahnbrechende und umstrittene Konzeption seines Hauptwerkes. Denn Sohm beschreibt in seinem »Kirchenrecht«, daß zwischen Geist und Recht als zwei sich widersprechende Größen dennoch durch Rezeptionsprozesse eine faktische Vermittlung stattfindet. Diese theologische Bedeutung der Rezeptionsprozesse hat zunächst den orthodoxen Theologen Nikolaj Afanas’ev angeregt. Er schreibt in seiner durch die Sobornost’-Theologie beeinflußten »Eucharistische Ekklesiologie« von Rezeption als einer vielschichtigen Kommunikationsbewegung auf allen Ebenen der Kirche. Auch der evangelische Kirchenrechtler Hans Dombois hat Sohms Begriffsfassung aufgenommen und für sein Hauptwerk »Das Recht der Gnade« in existenzialen Kategorien erneut interpretiert. Schließlich hat der katholische Theologe Yves Congar im Zusammenhang der römisch-katholischen und besonders der kanonistischen Diskussion gezeigt, daß »Rezeption als ekklesiologische Realität« in der Kirche vorhanden ist. Die Arbeit stellt diese Geschichte der Interpretation des Rezeptionsbegriffs seit Sohm in ihren systematisch-theologischen Zusammenhängen dar. Einleitend werden relevante außertheologische Begriffsfassungen der Literaturwissenschaft und der Rechtswissenschaften vorgestellt. In einer Zusammenfassung wird der begrifflich-hermeneutische, der pneumatologische und der ekklesiologische Status von Rezeption in der Kirche definiert; den Abschluß bildet ein Abschnitt über Rezeption und Geschichtsverständnis.