Walter Hagemann
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Knapp 50 Jahre nach dem Tod des Journalisten und Publizistikwissenschaftlers Walter Hagemann liefert die Publikation die erste Gesamtdarstellung seines Lebens und schließt eine wichtige Forschungslücke – sowohl in fach- als auch in zeitgeschichtlicher Hinsicht. Als bestens vernetzter Zentrums-Mann und außenpolitischer Experte avancierte Hagemann bereits in jungen Jahren zu einem der einflussreichsten Publizisten der Weimarer Republik und wurde 1934 Chefredakteur der Germania in Berlin. Behaupten konnte er diese mächtige Position im Dritten Reich aber nicht. 1946 wurde Hagemann ans Zeitungswissenschaftliche Institut der Universität Münster berufen, wo er die Publizistikwissenschaft neu begründete und der Nachkriegsdisziplin wie kein Zweiter seinen Stempel aufdrückte. Doch auch hier war sein Erfolg nicht von Dauer. Nachdem er sich Ende der 1950er-Jahre in den Konflikt zwischen der Bundesregierung und der DDR-Führung eingemischt hatte, wurde er in der Bundesrepublik zur Unperson und sah die Flucht in den anderen deutschen Staat als einzigen Ausweg. Nachgezeichnet wird Walter Hagemanns doppelter Aufstieg und Fall im sozialen Raum mithilfe der Soziologie Pierre Bourdieus. Diese theoretische Perspektive verleiht dem ständigen Wechsel zwischen journalistischem, politischem und wissenschaftlichem Feld die nötige Erklärungskraft und liefert einen Mehrwert, der über den Einzelfall hinausgeht. Auf Basis von Hagemanns Publikationen, Archivmaterial, Zeitungsartikeln und Zeitzeugeninterviews wird gezeigt, dass die Entwicklung einer wissenschaftlichen Disziplin auch von sozialen Faktoren abhängt, dass die Autonomie der Publizistikwissenschaft äußerst gering war – und dass Walter Hagemann alles andere als zufällig vom Fach vergessen wurde.