Mancherlei Gleichnisse zur deutschen Geschichte 1914 - 1934
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„Vorwärts mit Gott“, dem Krieg entgegen – wie so viele meldet sich auch der Pastorensohn und Theologiestudent Werner Görnandt 1914 als Kriegsfreiwilliger. Der Erste Weltkrieg, nach einem mittlerweile geflügelte Wort die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“, reißt die Zeitgenossen in einen Abgrund; und wer überlebte, war ein Gezeichneter. Im Berliner Dom predigt Ernst v. Dryander über Röm. 8, 31: „Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein?“ und rechtfertigt das Handeln der staatlichen Obrigkeit mit „deutscher Gesittung“ und „deutscher Frömmigkeit“. Zur selben Zeit kämpft Görnandt auf den Höhen des „Toten Mannes“. Hier steht ihm das Glück zur Seite: Er überlebt Verdun. Aber konnte er noch derselbe sein wie vor dem Inferno, ob er nun mit oder ohne Gott in den Krieg gezogen war? Wie ist Krieg überhaupt, wie solch Geschehen wie in Verdun zu rechtfertigen? Wo ist da Gott, der unbekannte Gott, der, „an den man nur ohne Hoffnung auf Hoffnung hin glauben kann“? (Karl Barth). Indes – auch in Werner Görnandts weiterer Biografie spiegeln sich die Fronten und Zeiten deutscher Geschichte von 1914 bis 1934. Am 7. Januar 1934 verlässt er sein „Vaterland“ – seine Ehefrau hatte jüdische Vorfahren. Dabei war Görnandt doch erst 1931 in das Amt des Superintendenten an St. Nikolai in Potsdam eingeführt worden. Damit wurde er 1933 Kronzeuge des „Tages von Potsdam“. Die Kirchen waren am 21. März 1933 dabei, und der Generalsuperintendent Otto Dibelius hielt von der Kanzel in St. Nikolai eine flammende Rede; „Ein Reich, ein Volk, ein Gott!“ war sie überschrieben und gefiel der dort versammelten politischen und geistlichen Prominenz sichtlich. Die Geschichte entlässt uns nicht. Sie folgt und verfolgt uns. Sollen wir sie auf sich beruhen lassen? Das widerstrebt dem Historiker. Er braucht die Erinnerung, denn ohne sie funktioniert Historie nicht.