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Identitäre Versuchungen

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Eine der größten Herausforderungen für Religionen und Kulturen in der globalen Morderne liegt heute ohne Zweifel in dem, was man als ihre identitäre Versuchung bezeichnen kann. Diese Versuchung ist durch den Willen zu homogenen und eindeutigen Identitäten, die Betonung kollektiver (kultureller, nationaler und religiöser) Zugehörigkeit gegenüber individuellen Sinnkonstruktionen, ein patriarchales Gesellschaftsmodell sowie eine binäre Logik des entweder „drinnen oder draußen“, „Wir oder die anderen“ gekennzeichnet. Die identitäre Logik produziert notwendigerweise Feindbilder. Häufig verbindet sie sich mit apokalyptisch geprägten Szenarien, in denen angesichts eines endzeitlichen Kampfes zu entschiedener Parteilichkeit und heroischer Praxis aufgerufen wird. Die identitäre Versuchung zeigt sich heute in Religion, Politik und Kultur gleichermaßen. Die letzten Präsidentschaftswahlen in USA und Brasilien sind ebenso Beispiele für ihre globale Verbreitung wie der Erfolg rechtsextremer Parteien und Bewegungen in Europa, der islamische Terror oder religiös-fundamentalistische Bewegungen in Afrika und Asien. Soziologische Erklärungsmodelle beschreiben die globale Anziehungskraft des identitären Musters in der Gegenwart als Folge des Aufeinanderprallens zweier antagonistischer Kulturalisierungsregime. Während eine globale Ober- und neue Mittelschicht von den Effekten ökonomischer Globalisierung profitiere und sich aus den religiösen und kulturellen Versatzstücken der Spätmoderne ihre je singulären Sinn- und Lebensentwürfe zusammenbaue, gerate der Rest der Welt immer stärker in die Defensive. Der realen oder gefühlten Ausbeutung durch eine kosmopolitische Elite setze man dabei die Verteidigung kollektiver Identitäten entgegen, dem dekadenten kapitalistischen Westen die moralisch überlegene Tradition, dem individualistischen Design das Gewachsene und „Echte“. Zugleich bringt die globale Verschärfung des Neoliberalismus umfassendere und radikalere Prozesse von Verarmung und Exklusion mit sich, die auch mit einer Zunahme von organisierter Kriminalität und gesellschaftlicher Gewalt einhergehen. Was sich als legitime Verteidigung des Eigenen geriert, bringt dabei jedoch nicht selten eine neue Exklusion hervor, die sich jedoch nicht gegen die Eliten, sondern zumeist gegen Minderheiten und Dissidenten sowie gegen alle jene richtet, die die proklamierte Homogenität der verteidigten Kollektividentitäten scheinbar zu destabilisieren drohen. Was als Empörung und Widerstand beginnt, endet somit nicht selten in neuer Unterdrückung und Gewalt. Für befreiende kontextuelle Theologien stellt diese Entwicklung eine zentrale Herausforderungssituation dar. Der 5. Workshop „Befreiende kontextuelle Theologien“, der diesmal auf Einladung des Centre for Liberation Theologies vom 25. bis 28. Oktober 2018 an der KU Leuven stattfand, nahm dies zum Anlass, das Thema in den Mittelpunkt des Workshops zu rücken. Während der vier Tage präsentierten und diskutierten rund 50 Teilnehmer*innen unterschiedlicher konfessioneller, religiöser und geografischer Herkunft ihre Perspektiven auf die Thematik. Der vorliegende Band repräsentiert eine Auswahl dieser Beiträge, in der eine große Bandbreite an unterschiedlichen Blickwinkeln, kontextuell spezifischen Herausforderungssituationen und unterschiedlichen thematischen wie disziplinären Anknüpfungspunkten sichtbar wird.

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2019

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