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Andrei Platonov

    16. August 1899 – 5. Jänner 1951

    Andrei Platonow, ein sowjetischer Autor, dessen Werke den Existenzialismus vorwegnehmen, besaß eine einzigartige Stimme, die oft im Widerspruch zu den herrschenden Ideologien seiner Zeit stand. Obwohl ein engagierter Kommunist, wurden seine Schriften zu seinen Lebzeiten wegen ihrer skeptischen Auseinandersetzung mit Kollektivierung und stalinistischen Politik verboten. Platonows bemerkenswert energiegeladenes und intellektuell frühreifes Schaffen umfasste eine breite Palette von Themen, von Literatur und Kunst bis hin zu Wissenschaft und Philosophie. Seine ausgeprägte Prosa, die sich durch eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit Sprache und der menschlichen Verfassung auszeichnet, bietet eine ebenso originelle wie eindringliche Perspektive auf die gesellschaftlichen und spirituellen Kämpfe seiner Zeit.

    Andrei Platonov
    Erzählungen I Müllwind
    Erzählungen 2
    Die Baugrube
    Die glückliche Moskwa
    Dshan oder Die erste sozialistische Tragödie
    Tschewengur
    • Tschewengur

      Die Wanderung mit offenem Herzen. Roman

      4,2(15)Abgeben

      Nicht nur Die Baugrube , auch das zweite Hauptwerk Andrej Platonows, der Roman Tschewengur , durfte in der Sowjetunion nicht erscheinen. Er habe nichts anderes versucht, als den Anfang der kommunistischen Gesellschaft darzustellen, schreibt der Autor an den mächtigen Maxim Gorki. Das Buch, so die Antwort, sei inakzeptabel, denn die Helden würden nicht als Revolutionäre, sondern als komische Käuze und Halbverrückte wahrgenommen. Don Quijote und Sancho Pansa durchstreifen die Steppe Südrusslands: Sascha Dwanow hat als Heizer an den Kämpfen der Roten Armee gegen die Weißen teilgenommen. Kopjonkin ist auf dem Ross »Proletarische Kraft« unterwegs, auf der Suche nach dem Grab Rosa Luxemburgs, in deren Namen er Heldentaten begehen will. Soll das, was ihnen unterwegs begegnet, die Verwirklichung der sozialistischen Idee sein? Erst nach der Trennung von Kopjonkin kommt Sascha auf die richtige Spur. In der Steppenstadt Tschewengur soll der Kommunismus bereits angebrochen sein. Wie elf Bolschewiki und ihr Führer dort die Bourgeoisie vernichten und mit der bettelarmen Bevölkerung das Paradies aufbauen, wird als Geschichte eines gigantischen Scheiterns erzählt. Melancholie und Dunkelheit liegen über der Natur und der Stadt: »In die Tiefe der angebrochenen Nacht gingen ein paar Menschen aus dem Kommunismus ins Ungewisse.«

      Tschewengur
    • Andrej Platonow (1899–1951) gilt als prophetischer Schriftsteller, der in seinem Werk die Tragödie der Sowjetunion erfasst und vorausgesehen hat. Doch bis heute ist vollkommen unbekannt, dass sein literarisches Schaffen zugleich ein hochaktuelles ökologisches Denken durchzieht. Erstmals wird in dem Band der ökologische Prophet Andrej Platonow erschlossen. Der Bogen spannt sich von seiner frühen Publizistik, in der er die Nutzung der Sonnenenergie und die Überwindung des Raubbaus an der Natur propagiert, bis zu dem Essay Über die erste sozialistische Tragödie. In diesem Schlüsseltext reagiert Platonow einerseits auf die gewaltsame Industrialisierung unter Stalin, die den Menschen versklavte und die Natur zerstörte, andererseits warnt er vor einer künftigen ökologischen Katastrophe. Der Roman Dshan erzählt von einem kleinen Nomadenvolk, das auf seinem Leidensweg durch die Wüste eine neue Seele erlangt. Dshan, so der Name des Volkes, heißt Seele. Im Kontext von Platonows ökologischem Denken erweist sich der Roman als Utopie von einer Menschheit, die es vermag, im Einklang mit der Natur zu leben und die Gefahr einer globalen Katastrophe zu bannen. Der Großteil der Werke ist zuvor nie auf Deutsch erschienen. Dshan wurde erstmals auf der Grundlage der unzensierten Originalfassung, die 1999 in Russland publiziert wurde, neu übersetzt.

      Dshan oder Die erste sozialistische Tragödie
    • Eine junge Frau kommt Mitte der dreißiger Jahre nach Moskau, um ihr Glück zu suchen. Moskwa, »Tochter der Revolution«, ist ein starkes, prachtvolles Geschöpf, eine Fallschirmspringerin, der Wind ist ihr Element. Beim Besuch einer Metrobaustelle stürzt sie in den Schacht und verliert ein Bein. Ihrer Attraktivität tut dies keinen Abbruch. Bei zahllosen erotischen Abenteuern lernt sie Männer kennen – darunter einen Ingenieur, eine Chirurgen und einen aus der Gesellschaft ausgestoßenen Intellektuellen –, die sich unsterblich in sie verlieben. Für Moskwa ist Sex nur eine physiologische Notwendigkeit. Unter Glück versteht sie etwas anderes, etwas Zukünftiges. Zum Leben mit einem einzelnen Mann fühlt sie sich nicht geschaffen, und solange sie ihre Entsprechung, ihr Glückskorrelat noch nicht gefunden hat, gibt sie dem Alleinsein den Vorzug. Die glückliche Moskwa , Platonows letzter, erst Anfang der neunziger Jahre entdeckter Roman, trägt unverkennbar symbolische Züge. Im Vergleich mit der Baugrube und Tschewengur fast traditionell und auf schreckliche Weise heiter geschrieben, verkörpert sich in seinen Figuren der martialische Untergang der Menschheitsutopie – zu einer Zeit, als das Leben laut Stalin »besser, fröhlicher« geworden war.

      Die glückliche Moskwa
    • Am Rand einer großen Stadt graben Arbeiter eine riesige Grube für ein »gemeinproletarisches Haus«. Unter den freiwilligen Sklaven bildet sich eine Hierarchie, die den sozialen Verhältnissen in Stalins Sowjetunion ähnelt. Nastja, ein Waisenkind, das nach seiner bourgeoisen Mutter sehnt, verkörpert bereits den »neuen Menschen«. Doch am Ende wird es in der Baugrube beerdigt, dem kollektiven Grab der »Paradiesbauer«. Die Helden setzen all ihre Kräfte ein, um die glückliche Zukunft der Menschheit durch ihre Arbeit zu verwirklichen, werden jedoch von der Schwere dieser Aufgabe erdrückt. Sie leiden an Schwermut, Erschöpfung und Grübelsucht oder gehen zugrunde, weil es in der neuen Ordnung keinen Platz mehr für sie gibt. Die Sprache kann mit dem utopischen Denken nicht Schritt halten, der Boden entgleitet ihr. Platonow fängt die Atmosphäre einer Epoche ein, die von Utopien und Prophezeiungen einer neuen Welt geprägt ist. Die russische Revolution, die alle Lebensbereiche erfasst, findet in seinem Werk einen einzigartigen Ausdruck. Gabriele Leupold hat auf der Grundlage der 2000 in Sankt Petersburg erschienenen Originalausgabe eine neue deutsche Fassung des als unübersetzbar geltenden Werkes erarbeitet, die für ihre Übersetzungen von Andrej Belyjs Petersburg und Warlam Schalamows Erzählungen aus Kolyma bekannt ist.

      Die Baugrube