Hans Erich Nossack war ein deutscher Schriftsteller, der zunächst als Lyriker und Dramatiker, später jedoch vor allem als Prosaautor in Erscheinung trat. Sein Werk zeichnet sich durch ein tiefes Interesse an existenziellen Themen und die Suche nach Sinn in der modernen Welt aus. Nossacks Stil wird oft als suggestiv und atmosphärisch beschrieben, mit einem Fokus auf das Innenleben der Charaktere und ihren Kampf mit Entfremdung. Seine Prosa erforscht die Grenzen menschlichen Verständnisses und die Möglichkeiten der Kommunikation in einer chaotischen Realität.
Bei Nossack wird der Aufenthalt des Überlebenden in der Stadt mit ihren von Lebenserinnerungen erfüllten Toten zu einem Opfergang, wie es der Titel »Nekia« (Totenopfer) andeutet. Die als Traum erlebte Wirklichkeit wird zur mythisch-überhöhten Vision, die Frage des »Gewesenen« als Schuld durch das Orest-Motiv zu deuten versucht: der alte Mythos wird zum modernen Gleichnis. Hermann Kasack
Nossacks große Erzählung 'Die Schalttafel', erstmals 1956 im Band 'Spirale' erschienen, gehört zu den radikalsten Texten, die zur Frage von Anpassung und Freiheit in Deutschland geschrieben wurden. Geschildert wird die nächtliche Unterhaltung zweier junger Männer, die sich programmatisch mißverstehen. Einem spontanem Entschluß folgend, hat der eine soeben sein Studium abgebrochen und die schlagende Verbindung verlassen, um sich von den überm. chtigen Prägungen seiner Herkunft zu lösen. Der andere, sein ehemaliger Corpsbruder, der ein raffiniertes System antizipatorischer Anpassung entwickelt hat, ist durch diesen Schritt völlig überrascht worden, so daß er glaubt, ersterer verfüge über noch ausgeklügeltere Strategien sozialer Berechnung und taktischen Verhaltens. Dabei verkennt er, daß sein Kollege keineswegs versucht hatte, ein 'Image' von sich zu erzeugen, sondern daß sein Entschluß dem Drang nach Freiheit entsprungen war. Die Diskussion der beiden läßt offen, ob es diese Freiheit in einer Welt sozialer und beruflicher Gruppenzwänge geben kann oder ob sie versteckt hinter der Mimikry eines 'Schalttafelsystems' gelebt werden muß. Zu Nossacks Text hat sich in Privatbesitz eine handschriftliche Erstfassung erhalten, die bislang unpubliziert ist und sich markant von der späteren Druckversion unterscheidet. Beide Texte werden hier nebeneinander vorgelegt.
Etwa zwei Jahre nach der Regierungsübernahme durch die NSDAP schrieb Hans Erich Nossack (1901-1977) sein Drama Der Hessische Landbote. Es war bereits sein siebtes Bühnenstück, blieb jedoch, wie die anderen auch, unpubliziert. Bekannt geworden ist Nossack nach 1945 als Erzähler und Romancier. Seine frühen Dramen, die er retten und rekonstruieren konnte, erklärte er für 'verbrannt'. Sie gilt es noch zu entdecken. Der Hessische Landbote ist eine filmisch angelegte, kunstvoll verdichtete Szenenfolge über Georg Büchner, seine Mitverschwörer und seine Verfolger. Es ist ein Stück über politisch-revolutionäres Handeln und seinen Preis und zugleich ein Stück über das Schreiben unter den Bedingungen einer Diktatur. Damit ist es gleichermaßen ein Beitrag zur Literaturgeschichte der 'Inneren Emigration' wie ein seltenes Zeugnis zur Rezeption Georg Büchners aus dieser Zeit. Nossacks 'deutsches Trauerspiel' wird hier, im Jahr von Büchners 200. Geburtstag, zusammen mit einem ausführlichen Nachwort erstmals der Öffentlichkeit vorgelegt. 'Die geschichtlichen Parallelen boten und bieten sich wie von selber an; man ist versucht, von einem spezifisch deutschen Schicksal zu sprechen. Denken wir nur an die Hauptpersonen: Büchner lehnt sich aus humanistisch-fortschrittlichen und Rektor Weidig aus religiösen Gründen auf. Oder denken wir an August Becker, den ›roten‹ Becker, den revolutionären Aktivisten, vermutlich mit dem illegalen Blick, wie wir ihn alle kennen. Und von der Gegenseite brauchen wir nur einen so reinen Gestapotyp wie Georgi zu erwähnen, den bürokratischen Henker, der im deutschen Kleinbürger auf der Lauer zu liegen scheint. Die Namen lassen sich unschwer mit Namen aus der jüngsten Vergangenheit auswechseln.' Hans Erich Nossack über sein Stück in der Büchnerpreisrede 1961
Die Tagebücher von Hans Erich Nossack sind bedeutende Dokumente zur Künstlerpersönlichkeit des 20. Jahrhunderts und bieten spannende Einblicke in die Entstehung der jungen Bundesrepublik. Nach ihrem Erscheinen wurden sie von der Presse hoch geschätzt und sind nun als Sonderausgabe erhältlich.
Im Jahr des 100. Geburtstages von Hans Erich Nossack erscheint eine Auswahl aus seinem Briefwechsel aus den Jahren 1943–1956, die Nossack im Gespräch mit Hermann Kasack, Peter Suhrkamp, Hans H. König, Ernst Kreuder, Peter Huchel, Joseph Breitbach und anderen nun auch als bedeutenden Briefautor vorstellt. Die erhaltene Korrespondenz setzt nach dem von Nossack beschriebenen »Untergang« Hamburgs im Juli 1943 ein. Angesichts der Kriegsereignisse werden die Briefe der Jahre 1943 bis 1945 häufig zum über-Lebenszeichen. Der sich anschließende intensive Briefwechsel der frühen Nachkriegsjahre, von Nossack mit ungewöhnlicher persönlicher Offenheit geführt, ist bestimmt vom Kampf mit den Nöten des Alltags, aber auch getragen von Aufbruchstimmung und der Hoffnung auf einen geistig-politischen Neuanfang. Mit dem langersehnten Durchbruch als Schriftsteller erweitert sich ab den späten vierziger Jahren der Kreis der Korrespondenzpartner; vor dem Hintergrund der kulturellen und wirtschaftlichen Aufbaujahre der Bundesrepublik zeigt sich Nossack nun als anerkannter, am literarischen Leben engagiert teilnehmender Autor. Den Abschluß der Briefausgabe markiert die biographische Zäsur des Jahres 1956 – der endgültige Wechsel zu Suhrkamp, die Aufgabe der väterlichen Firma und der Weggang aus Hamburg. Mit dieser Edition treten nach den 1997 erschienenen Tagebüchern 1943–1977 auch die Briefe gleichwertig neben Nossacks literarisches Werk.
Die Tagebücher von Hans Erich Nossack bieten einen faszinierenden Einblick in das Leben eines bedeutenden Künstlers des 20. Jahrhunderts und reflektieren die gesellschaftlichen Umbrüche der jungen Bundesrepublik. Sie wurden nach ihrer Veröffentlichung schnell als bedeutende Dokumente anerkannt und von der Presse gewürdigt. Diese Sonderausgabe ermöglicht es, die Gedanken und Erfahrungen Nossacks in einer entscheidenden Epoche der deutschen Geschichte nachzuvollziehen.
Die kurzen Texte, die zwischen 1946 und 1974 entstanden, bieten prägnante Einblicke in eine umfassende literarische Biographie. Sie fangen in eindringlichen Minutenbildern zentrale Themen und Erfahrungen des Autors ein und ermöglichen dem Leser, die Entwicklung und den künstlerischen Werdegang über die Jahre hinweg nachzuvollziehen.
Hans Erich Nossack, geboren am 30. Januar 1901 in Hamburg und ebendort am 2. November 1977 verstorben, war ein deutscher Schriftsteller und Übersetzer. Zu seinen bekanntesten Werken zählen die Romane Spätestens im November und Spirale .