Das achtzehnte Jahrhundert
Hermeneutik und Recht im 18. Jahrhundert






Hermeneutik und Recht im 18. Jahrhundert
Zur Rechts- und Staatsphilosophie der deutschen Frühaufklärung
Das Problem der politischen Legitimität wurde im 17. und frühen 18. Jahrhundert vor allem als Frage nach der gültigen Begründung von Normen behandelt. Naturrechtsvorstellungen spielten dabei eine zentrale Rolle, da sie sich erst spät von der theologischen Begründung emanzipierten. Die Studie rekonstruiert einen dreistufigen Diskussionszusammenhang des ausgehenden 17. Jahrhunderts: Zunächst wird die kritische Würdigung theologischer Legitimationsmuster (Veit Ludwig von Seckendorff, Valentin Alberti) thematisiert. Im zweiten Schritt wird die Überwindung dieser Muster durch eine säkularisierte Rechtstheorie (Hugo Grotius, Samuel Pufendorf) untersucht, wobei Grotius besondere Beachtung findet, da sein Werk als entscheidend für die Enttheologisierung des Naturrechts gilt. Der letzte Schritt widmet sich Christian Thomasius, der diesen Prozess nach eigener Einschätzung abschließt. Sein aufklärerisches Engagement bietet neue Perspektiven, die er zu einer eigenen Version des aufgeklärten Absolutismus entwickelt. Die Verbindung von Normbegründung und politischer Legitimität steht im Fokus aller Ansätze, wobei nicht nur die theoretischen Mittel der Normbegründung, sondern auch die politischen Folgen und Funktionen in den jeweiligen Staatstheorien betrachtet werden.
Christian Wolffs Rede über die praktische Philosophie der Chinesen im Kontext
Wolffs „Rede über die praktische Philosophie der Chinesen“ im Sommer 1721 wurde von seinen Gegnern übel aufgenommen. Was hat es mit diesem Text auf sich? Welche Ziele verfolgte Wolff mit seiner Rede über eine Philosophie, die doch sehr weit von den theoretischen Auseinandersetzungen in Europa entfernt war? Der Sammelband nimmt den Inhalt der Rede, ihre Voraussetzungen und weiterreichenden Wirkungen in den Blick. Ergebnisse einer Tagung aus Anlass des 300. Jahrestag von Christian Wolffs Rede 2021. Mit Beiträgen von Jörg Dierken, Dirk Effertz, Frank Grunert, Heiner F. Klemme, Heiner Roetz und Axel Rüdiger.
Die weitreichende Bedeutung von Briefwechseln für die frühneuzeitliche Gelehrtenrepublik ist in der Forschung gut anerkannt. Die großen Korrespondenzen von Persönlichkeiten wie Grotius, Leibniz und Haller zeigen, dass die Innovationsdynamik der Gelehrtenkultur im 17. und 18. Jahrhundert eng mit Kommunikationsstrukturen verknüpft ist, die durch Korrespondenzen und Netzwerke entstanden sind. Christian Thomasius, ein zentraler Vertreter der deutschen und europäischen Aufklärung, hat bisher keine vollständige Edition seiner Korrespondenz erfahren, obwohl dies als wichtiges Desiderat gilt. Die vorliegende Ausgabe bietet nun eine vollständige und kommentierte Edition seiner aktiven und passiven Korrespondenz. Diese Edition zielt darauf ab, bislang unbekanntes Quellenmaterial zu erschließen und durch Kommentierungen auszuwerten. Dadurch sollen neue Impulse für die Erforschung von Thomasius' Oeuvre und seinem Umfeld gegeben werden. Zudem wird sie wichtige Erkenntnisse über die frühaufklärerische Gelehrtenkultur im Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert liefern. Dabei stehen sowohl die Veränderungen in den Kommunikationsstrukturen der Res publica litteraria zu Beginn der Aufklärung als auch die Rekonstruktion der Entstehung und Lösung theoretischer sowie praktischer Probleme im Kontext der sozialen und politischen Veränderungen des späten 17. Jahrhunderts im Fokus.
Johann Georg Sulzer gehörte zu den prägenden Gestalten der europäischen Aufklärung in den 1750er und 1760er Jahren, sowohl in der Philosophie als auch in einer Reihe von Einzelwissenschaften - wie der Mathematik und der Pädagogik - sowie im Kontext literarischer und ästhetischer Diskurse. Federführend nahm er an den wichtigen Debatten, Kontroversen und Forschungsentwicklungen teil, die etwa in Berlin, in Leipzig oder in Paris die Aufklärung beschäftigte. Der vorliegende Band versammelt Studien von Philosophen, Literaturwissenschaftlern und Wissenschaftshistorikern zu allen Werkbereichen Sulzers, insbesondere zur lange Zeit vernachlässigten Erkenntnistheorie und Psychologie. Zugleich wird seine bislang weitgehend unbekannte praktische Philosophie diskutiert. Darüber hinaus werden auch Sulzers Sprach- und Kunsttheorie sowie seine Enzyklopädistik analysiert. Mit Beiträgen von: Élisabeth Décultot, Werner Euler, Frank Grunert, Jutta Heinz, Marion Heinz, Dieter Hüning, Heiner Klemme, Hans-Peter Nowitzki, Udo Roth, Gideon Stiening, Udo Thiel, Achim Vesper und Falk Wunderlich.
Unter dem Titel Historia literaria wurde im 17. und 18. Jahrhundert Gelehrsamkeitsgeschichte betrieben. Erklärtes Ziel war es, Ursprung und Fortgang der Gelehrsamkeit von den Anfängen bis zur Gegenwart nachzuvollziehen. Dabei sollte einerseits vergangenes Wissen präsent gehalten werden, andererseits ging es in propädeutischer Absicht darum, durch Auswahl des Wissenswerten den Zugang zu den Wissenschaften zu erleichtern. Die Kompendien der Historia literaria erschlossen, ordneten, speicherten und vermittelten Wissen und wurden so zu einem bedeutenden Medium der gelehrten Selbstverständigung. Seine Vielgestaltigkeit und Komplexität entspricht dem Zeitraum zwischen Späthumanismus und Spätaufklärung, in dem die Gelehrtenrepublik sich mit Hilfe der Historia literaria fortlaufend selbst reflektierte. Der vorliegende Sammelband untersucht Programme und Praktiken der Historia literaria, er rekonstruiert verschiedene Formen ihrer Ausführung und vergleicht sie mit benachbarten Phänomenen. Mit Beiträgen von Martin Gierl, Frank Grunert, Ralph Häfner, Herbert Jaumann, Sicco Lehmann-Brauns, Hanspeter Marti, Guido Naschert, Merio Scattola, Ulrich Johannes Schneider, Anette Syndikus, Dirk Werle und Helmut Zedelmaier
Mit der Verbreitung des Buchdrucks hat sich die Quantität des verfügbaren Wissens radikal verändert, woraus sich neue Fragen nach der Funktion des Wissens, seiner Ordnung und den Möglichkeiten seiner Bewahrung und Tradierung ergeben. Die überlieferten Wissensspeicher werden allmählich den veränderten Ansprüchen angepasst, und seit dem 17. Jahrhundert entstehen daneben neue Formen der Wissenserschließung und -vermittlung, mit denen auf die Anforderungen der Universitäten, Bibliotheken und Verwaltungen, aber auch auf die Interessen eines nicht-akademischen Lesepublikums reagiert wird. Die vielfältigen Möglichkeiten der frühneuzeitlichen Wissensaufbereitung und der daraus hervorgehenden Speicherformen (zwischen 1500 und 1800) werden in eine vergleichende Perspektive gerückt: Die jeweiligen Formen werden zunächst nach einheitlichen Gesichtspunkten vorgestellt, um dann nach Überschneidungen und Abgrenzungen, nach Konstanten und Transformationen fragen zu können. Der Band enthält Beiträge über: Speichermetaphern, Naturkundliche Enzyklopädien, Genealogien, Florilegien, Tabellenwerke, Theatra, Bibliothecae, Juristische Lexika, Bibliographien, Dissertationen, Gelehrte Korrespondenzen, Buntschriftstellerei, Historia literaria, Literarische Werke, Staatskalender, Moralische Wochenschriften, Kommentarliteratur und Reiseberichte.
Über Jahrzehnte hat Prof. Dr. Dr. h. c. Werner Schneiders (Münster) mit seinem philosophischen und philosophiegeschichtlichen Werk die Aufklärungsforschung sowohl national als auch international geprägt. Seine Studien, darunter Naturrecht und Liebesethik sowie Aufklärung und Vorurteilskritik, sind zu grundlegenden Standardwerken geworden. Anlässlich seines 70. Geburtstags wurde eine Sammlung seiner verstreut publizierten und oft schwer zugänglichen Aufsätze zusammengestellt, um einen repräsentativen Überblick über sein Werk zu bieten. Diese Auswahl verdeutlicht, dass die Philosophie der Aufklärung nicht nur Selbstzweck oder bloße Reflexion ist, sondern produktiv für die Aufklärung der Philosophie genutzt wird. Sie wird in ihrem historischen Kontext als eigenständige, philosophisch geprägte Bewegung verstanden, die sowohl auf rationale Aufklärung des Verstandes als auch auf emanzipative Selbstbefreiung abzielt. Schneiders’ Philosophie wird als ein Prozess des Philosophierens betrachtet, der in einer existenziellen Perspektive eine Orientierung suchende Selbst- und Weltreflexion darstellt. Letztlich führt dieser Prozess zur Erweiterung des Horizonts durch Klärung von Problemstellungen und Entwicklung von Denkmöglichkeiten.