Wenige Autoren wurden in den letzten Jahren so intensiv und extensiv diskutiert wie Carl Schmitt. Man rekonstruierte das Werk detailliert in seinen Brüchen und Kontinuitäten und ordnete es in den historischen Kontext der Zeit ein. Schmitt wurde als Akteur entdeckt. Der vorliegende kooperative Kommentar will zur theoretischen Auseinandersetzung zurückführen, indem er dessen Schlüsselschrift „Der Begriff des Politischen“ in ihrer internen Kohärenz und Systematik prüft und ihre Reichweite auslotet.
Reinhard Mehring Bücher






Der Rechtsintellektualismus der Zwischenkriegszeit (1918-1938) wird häufig mit der »konservativen Revolution« in Verbindung gebracht. Martin Heidegger, oft nicht dazu gezählt, ist mit seiner Traditionskritik und der Idee des »anderen Anfangs« jedoch ein zentraler Vertreter dieser Bewegung. Das Buch betrachtet Heidegger als Revolutionär, Nietzscheaner und Utopiker des Übermenschen. Es vergleicht ihn mit Ernst Jünger und Carl Schmitt und diskutiert produktive Aneignungen bei Manfred Riedel und Friedrich Kittler. Zudem wird Thomas Mann als positive Alternative und Hauptvertreter einer liberalen Variante der konservativen Revolution gegenüber Heidegger positioniert. Die Kapitel umfassen Stabilisierungsmodelle der konservativen Revolution, Heideggers prometheische Revolution, sowie Einflüsse von Goethe, Wagner, Nietzsche und Hölderlin. Es wird Nietzsches kritisches Modell des Nietzscheanismus und Wagnerianismus behandelt, ebenso wie der Briefwechsel mit Karl Löwith. Heideggers Publikationspolitik bis 1937 wird analysiert, und das Thema »Das Jüdische« in der Metaphysik wird beleuchtet. Der »konkrete Feind« sowie Antisemitismus bei Schmitt, Jünger und Heidegger werden thematisiert. Außerdem wird Manfred Riedels Sicht des »geheimen Deutschland« und Friedrich Kittlers Auffassung des »anderen Anfangs« diskutiert. Abschließend wird der Übermensch Andromache in Thomas Manns „Felix Krull“ betrachtet, gefolgt von einer Schlussbetrachtung
Carl Schmitt
- 749 Seiten
- 27 Lesestunden
Reinhard Mehring präsentiert die grundlegende Biographie Carl Schmitts, einem der am meisten rezipierten deutschen Denker des 20. Jahrhunderts. Schmitt, eine fast Shakespeare’sche Figur im Zentrum der deutschen Katastrophe, sieht sich selbst als „weißen Raben“. Der aus einfachen Verhältnissen stammende junge Mann erarbeitet sich dank seiner brillanten Fähigkeiten einen Platz an der Spitze der deutschen Rechtswissenschaft, fühlt sich jedoch nie wirklich im akademischen Establishment zu Hause. In seinen Schriften demontiert er den liberalen Rechtsstaat und untersucht die Legitimität der Diktatur, während ihn persönliche Dämonen plagen: sein Antisemitismus, eine selbstzerstörerische Sexualität und ein tiefsitzendes Ressentiment gegen die Bürgerlichkeit. Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten bricht er mit seinen jüdischen Freunden und unterstützt Hitler juristisch, gerät jedoch 1936 durch Intrigen in Schwierigkeiten. Nach dem Krieg zieht er sich in seine sauerländische Heimat zurück und wird zu einer diskreten Schlüsselfigur der intellektuellen Szene. Seine radikalen Theorien über Freund und Feind, Legalität und Legitimität sowie den Begriff des Politischen finden weltweit Beachtung und werden sowohl von erzkatholischen Konservativen als auch von kommunistischen Revolutionären intensiv gelesen.
An Carl Schmitt (1888-1985) scheiden sich weiterhin die Geister. Von den Konservativen wegen seiner Originalität, analytischen Kraft und rhetorischen Brillanz bewundert, war der Staatsrechtler und Theoretiker souveräner Macht auch ein opportunistischer Anwalt des Weimarer Präsidialsystems und 'Kronjurist des Dritten Reiches'. In dieser Einführung geht Reinhard Mehring von einer kritischen Darstellung des Anti-Individualismus und Anti-Liberalismus Schmitts aus und bringt den Band auf den neuesten Quellenstand. Die Neufassung vereinfacht den Text und fügt ein Schlusskapitel zur Rhetorik, Wirkungsgeschichte und Aktualität hinzu.
Die Studien bieten tiefgehende Einblicke in Carl Schmitts Werk und dessen Einfluss, basierend auf neuen Quellen und Korrespondenzen mit bedeutenden Zeitgenossen wie Feuchtwanger und Heidegger. Ein zentraler Fokus liegt auf Schmitts Rolle im NS-Völkerrecht und den nachkriegszeitlichen Legenden, die er durch literarische Reflexionen herausforderte. Zudem wird die Entwicklung der "Schmittianer" untersucht, was die Kontinuität und den Einfluss seines Denkens auf die politische Theorie verdeutlicht.
Landwehrkanal
Philosophische Novelle
Bei seinen Recherchen zur Geschichte der Humboldt-Universität stößt ein ostdeutscher Nachwuchswissenschaftler in den frühen 1990er Jahren auf einen mysteriösen Kriminalfall: Der Philosoph Friedrich Eduard Beneke (1798–1854) starb unter ungeklärten Umständen, vermutlich ertrank er im Landwehrkanal. Ob es ein Unfall, ein Mord oder ein Suizid war, blieb ungeklärt. Der junge Forscher identifiziert sich zunehmend mit dem damaligen Opfer und sieht sich selbst mehr und mehr als »Besiegten« der Nachwendezeit. Auch er verschwindet spurlos, und seinem Verschwinden geht im Herbst 2015 ein Freund nach, der die hinterlassenen Aufzeichnungen aufarbeitet. Zwei Schicksale aus dem Berliner Universitätsbetrieb – auch wenn in Wirklichkeit Anfang der 90er Jahre kein Mitarbeiter des Instituts für Philosophie verschollen ist, so meidet der Autor doch die Gegend um den Landwehrkanal. Ein Campusroman, in dem Fakten und Fiktion, Universitäts- und Philosophiegeschichte ineinander verwoben sind und sich mancher menschlicher Abgrund auftut.
Philosophie im Exil
- 335 Seiten
- 12 Lesestunden
Die Dokumentation ist eine zentrale Quelle zur Geschichte der deutsch-jüdischen Emigrationsphilosophie. Arthur Liebert (1878–1946) war bis 1933 in Berlin der zentrale Organisator der Kant-Gesellschaft und Kant-Studien; Emil Utitz (1883–1956) profilierte als Ordinarius in Halle die philosophische Ästhetik und Charakterologie; Liebert emigrierte 1933 nach Belgrad, 1939 nach England und kehrte 1946 nach Berlin zurück; Utitz wechselte nach Prag, überlebte das KZ Theresienstadt und blieb dann nach 1945 in Prag. Beide begründeten nach 1933 philosophische Gesellschaften, die eng miteinander kooperierten und in der Sicherung des Nachlasses von Edmund Husserl sowie der Herausgabe der Emigrationsfachzeitschrift Philosophia bis 1939 wichtige Aufgaben fanden. Das Buch rekonstruiert ihr Emigrationsschicksal, dokumentiert es durch die erhaltene Korrespondenz zwischen Utitz und Liebert sowie weitere sehr gewichtige Korrespondenzen und macht das Spätwerk der Autoren mit weithin unbekannten Texten zugänglich. Es ergänzt die 2015 bei K& N erschienene Edition Ethik nach Theresienstadt. Späte Texte des Prager Philosophen Emil Utitz (1883–1956) historisch-biographisch.
Die in diesem Buch versammelten Studien deuten Manns Werk in seiner internen Reflexivität als einen Versuch, die Möglichkeiten und Bedingungen des eigenen Lebens künstlerisch zu explorieren und philosophisch zu rechtfertigen. Sie konzentrieren sich auf Manns philosophisches Konzept, dessen ideenpolitischen Kontext sowie seine Wirkungsgeschichte. Die Anordnung der Beiträge beschreibt einen Spannungsbogen. Die ersten beiden Studien rechtfertigen den Ansatz. Drei weitere skizzieren Manns Konzept, seine Philosophie und Politik. Die restlichen fünf erörtern Manns Humanismus im ideenpolitischen Kontext und machen die Konstellationen sichtbar, in denen er sich entwickelte. Anders als manche Antipoden sah Mann im goethezeitlichen Neuhumanismus noch eine mögliche Antwort auf die “deutsche Katastrophe”. Die Studien wollen insgesamt zeigen, dass diese Antwort ideenpolitisch wirksam und philosophisch reflektiert war.