Ausgehend von Gramscis Aufforderung, die historischen Spuren, deren Hinterlassenschaft unser Körper trägt, zu inventarisieren, legt Julietta Singh ein Archiv ihres Körpers an. Im Wissen um die gleichzeitige Unmöglichkeit wie Notwendigkeit des angestrebten archivarischen Unterfangens, verwebt der Essay persönliche Memoiren mit postkolonialer und queerer Theorie. Dabei kommen nicht nur die Porosität und Brüchigkeit sozial geformter und genormter Körper, sondern auch die Flüchtigkeit ihrer Spuren zutage. Singh formuliert den Körper abseits der ihm zugeteilten Grenzen als Lautarchiv, als Vaginalbibliothek, als Wissenskomplex und als Depot für die sprachlosen Erfahrungen von neurologischem Schmerz, Trauma, Geburt und Tod. Der Frage, was wir wann in unseren Körper hereinlassen oder aus ihm verstoßen und warum, wird mit radikaler Intimität nachgegangen. Dabei durchstreift das Essay Bereiche des Tabuisierten und Verdrängten: Praktiken des Einverleibens und des Ausstoßes – Kannibalismus und Vegetarismus, Penetration und Begehren, Stuhlgang und Bulimie – werden poetisch und politisch verhandelt, vom Verstand der Eingeweide bis in die Eingeweide des Verstandes.
Julietta Singh Bücher
Julietta Singh ist eine Schriftstellerin und Akademikerin, deren Werk sich mit postkolonialen Studien, feministischer und queerer Theorie sowie den Umweltgeisteswissenschaften beschäftigt. Sie untersucht kritisch die komplexen Verflechtungen von Dehumanismus, dekolonialem Denken und unserer Beziehung zur Umwelt. Durch ihre Essays und akademischen Schriften erforscht sie zentrale kulturelle und gesellschaftliche Fragen mit scharfem analytischem Einblick. Ihr interdisziplinärer Ansatz bietet innovative Perspektiven auf gegenwärtige Herausforderungen.




No Archive Will Restore You
- 118 Seiten
- 5 Lesestunden
At once memoir, theory, poetic prose, and fragment, No Archive Will Restore You is a feverish meditation on the body. Departing from Antonio Gramsci’s summons to compile an inventory of the historical traces left in each of us, Singh engages with both the impossibility and urgent necessity of crafting an archive of the body. Through reveries on the enduring legacies of pain, desire, sexuality, race, and identity, she asks us to sense and feel what we have been trained to disavow, to re-member the body as more than itself.
'Learning to mother at the end of the world is an infinite toggle between wanting to make you feel safe and needing you to know that the earth and its inhabitants are facing a catastrophic crisis.'
Unthinking Mastery
- 216 Seiten
- 8 Lesestunden
Julietta Singh challenges the drive toward the mastery over self and others by showing how the forms of self-mastery advocated by anticolonial thinkers like Fanon and Gandhi unintentionally reproduced colonial logic, thereby leading her to argue for a more productive human subjectivity that is not centered on concepts of mastery.