Lissabon Eine Ehefrau und Mutter, zwanghaft ordentlich und manisch ängstlich, wird von ihrem Mann verlassen, für eine Jüngere, eine Künstlerin zudem. Die Betrogene schlägt zurück. Zum Austragungsort ihrer Rache wählt die Panikerin ausgerechnet New York, den Ort, wo Chaos und Gewalt herrschen. Dorthin reist ihr Mann, ein Arzt, zu einem Kongreß – mit der Neuen, und nur dort kann sie versuchen, diese Beziehung zu vernichten. Sie kennt die Ängste, die ihren Mann kaum weniger beherrschen als sie selbst, und legt wie eine Spinne ihr Netz über den Washington Square. »eine kleine Infamie, ein bißchen Unglück, die hübsche Seifenblase einer Illusion, einer kleinen heilen Welt platzt, kaum ein Geräusch, dann geht alles weiter – der Leser weiß kaum, warum, aber er ist ein bißchen traurig, er weiß auch gar nicht, worüber, aber so ist die Welt wohl, sagt er sich, seine wird auch nicht sehr viel anders sein … Die Autorin, Jahrgang 52, hat Design und Philosophie studiert – man fragt sich, was man Besseres studieren kann heutzutage für die Trauer des Daseins als Design und Philosophie, bei der Sagan reichte es noch, überall durchgefallen …« Rolf Vollmann, DIE ZEIT
Ana Nobre de Gusmão Bücher
Ana Nobre de Gusmão schafft Erzählungen, die tief in die menschliche Psyche eintauchen und durch fesselndes Geschichtenerzählen nach wesentlichen Wahrheiten über unsere Existenz suchen. Ihre Werke erforschen die komplexen Beziehungen und inneren Kämpfe ihrer Charaktere, oft mit einem poetischen und introspektiven Ansatz. Gusmão zeichnet sich darin aus, die subtilen Nuancen der menschlichen Erfahrung einzufangen und bietet den Lesern tief bewegende literarische Reisen. Ihr unverwechselbarer Stil zeichnet sich durch Eleganz und die evokative Kraft ihrer Prosa aus.




Seit ihrer Kindheit steht die Journalistin Emília unter dem Einfluß Emily Dickinsons: 'Emily Dickinson wohnt in mir wie eine chronische Krankheit, manchmal unbemerkt, dann wieder schmerzlich präsent. Als Jugendliche wollte ich ihre Existenz enthüllen, ihr die Essenz rauben und mich in sie verwandeln. Wenn ich nach Hause kam, schlüpfte ich aus der Rolle Emílias in die Rolle Emilys, zog mir ein vergilbtes Nachthemd an, das ich in einem Secondhandladen gekauft hatte, wickelte die lockigen Haare auf, steckte sie über den Ohren fest und schloß mich in meinem Zimmer ein, um zu schreiben, zu lesen oder um ihre Gedichte abzuschreiben oder zu übersetzen.' Emilías Leben ist geprägt vom frühen Tod des Vaters und der Gefühlskälte der Mutter. Sie erschafft sich ihre eigene Welt, bevölkert von Wesen, mit denen sie spricht, die ihr vom Vater als Stern am Himmel erzählen. Im privaten Englischunterricht dann erfährt sie von Emily Dickinson und gerät mehr und mehr in die Fänge dieser Dichterin. Verse durchsetzen ihr Schreiben, sie führt eine abstrus-erotische Chat-Korrespondenz mit einem Unbekannten, der sich Dik nennt, und lernt schließlich einen Piloten kennen, in den sie sich verlieben würde, wenn sie sich denn verlieben könnte. Doch die Grenzen zwischen ihr und Emiliy Dickinson verschwimmen bereits. Ana Nobre de Gusmão hat einen Roman über Abhängigkeit und Faszination geschrieben, der zugleich eine Hommage an eine große Dichterin ist. Man erfährt so viel über Emily Dickinson, daß wohl jeder Leser nebenher deren Gedichte zur Hand nehmen wird. Ana Nobre de Gusmão (* 1952) hat bereits zwei erfolgreiche Romane im Weidle Verlag publiziert: SPIEGEL DER ANGST (2002) und DIE SEHERIN (2005). Sie ist eine der wichtigsten Gegenwartsautorinnen Portugals.
Laurinda hat eine einzigartige Sicht der Welt, die stark vom Spiritismus geprägt ist. Die alte Putzfrau verbindet die unterschiedlichsten Charaktere der Lissabonner Mittelschicht. Die 'Seherin' bringt viel Verwirrung in diese amüsante Geschichte, die mit Humor und liebevoller Ironie das Aufeinandertreffen der rationalen Moderne und eines von Aberglauben geprägten Weltbildes thematisiert. Ana Nobre de Gusmão, eine der bedeutendsten portugiesischen Autorinnen, geboren 1952 in Lissabon, hat Design und Philosophie studiert. Ihr erfolgreicher New-York-Roman 'Spiegel der Angst' erschien 2002. In Portugal wurde 'Die Seherin' ein Bestseller. Laurinda begegnet in der Küche einem splitternackten Mann, den sie für einen Geist hält. Unbeeindruckt fragt sie ihn, was er von ihr will, und bekreuzigt sich hastig. Geister und gequälte Seelen ziehen sie magisch an, auch wenn sie sich oft nicht zeigen. Als der Mann spricht, erkennt sie, dass er kein Geist ist, sondern jemand, den Dona Celeste mitgebracht hat. Verwirrt über die Unruhe, die ihr von den 'Unsteten' ausgeht, erklärt sie, dass sie nicht weiß, was sie wollen, da sie nicht mit ihr sprechen. Der Spuk endet erst, wenn sie ihre Arbeit erledigt hat. Mit einem knappen 'Guten Morgen' wendet sie sich ab und zieht sich im Badezimmer um, während sie über den Mann murmelt, dass sie ihm nichts vormachen lässt.
Michael Biberstein
- 32 Seiten
- 2 Lesestunden