Soziologische Tricks
Wie wir über Forschung nachdenken können






Wie wir über Forschung nachdenken können
Howard S. Becker zählt zu den wichtigsten US-amerikanischen Soziologen der Gegenwart. Sein umfangreiches Werk umspannt weit mehr als ein halbes Jahrhundert und steht in der Tradition der interaktionistischen und interpretativen Soziologie, wie sie an der University of Chicago in den 1920er Jahren begründet wurde. Becker hat nicht nur höchst einflussreiche Schriften u. a. zur soziologischen Methodologie, zur Soziologie der Professionen, des Abweichenden Verhaltens und der Kunst vorgelegt, die allesamt zu Klassikern wurden, sondern gehört auch zu den frühen Pionieren und Wegbereitern der soziologischen Auseinandersetzung mit visuellen und anderen künstlerischen Ausdrucksformen. Der vorliegende Band präsentiert nun zum ersten Mal in deutscher Sprache seine umfassenden vergleichenden Reflexionen dazu, was das soziologische „Erzählen über Gesellschaft“ mit anderen, künstlerischen Erzählformaten gemeinsam hat - und was es davon unterscheidet. Sein leidenschaftliches Plädoyer für eine präzise Soziologie verbindet sich darin disziplinüberschreitend mit einer anregenden Diskussion von künstlerischen Formen der Darstellung gesellschaftlicher Phänomene und den vielfältigen Möglichkeiten, die sich daraus auch für die soziologische Phantasie ergeben, ihre Erzählungen über Gesellschaftliches nicht nur diesseits, sondern vor allem auch jenseits ihrer kanonisierten Formate vorzustellen.
Mit „Kunstwelten“ erscheint ein Klassiker der Kunstsoziologie endlich auch in deutscher Sprache. Kunstwerke werden hier nicht als die Schöpfung individuell arbeitender Genies betrachtet, sondern als das Ergebnis eines kooperativen Netzwerkes aus Kunsthändlern, Kritikern, Herstellern von Ausrüstung und Material, Finanziers und Publika, die gemeinsam mit dem Künstler an der Produktion eines Kunstwerkes beteiligt sind. Mit detailliert analysierten Beispielen, die von der Kunstfotografie bis zur Herstellung von Steppdecken reichen, untersucht Becker in „Kunstwelten“ all die verschiedenen Aspekte dieser Form kollektiven Handelns, von der Etablierung ästhetischer Wertsysteme, der Kunstkritik und der Zensur über die Finanzierung und Distribution bis hin zu Sonderfällen wie den künstlerischen Außenseitern oder naiven Künstlern. Längst zum Standardwerk geworden, ist Becker auch heute noch die Grundlage für jedes soziologische Verständnis von Kunst, von den Bildenden Künsten über die Literatur bis zu den Darstellenden Künsten.
Ein Leitfaden für die Sozial- und Geisteswissenschaften
„Der Mensch mit abweichendem Verhalten ist ein Mensch, auf den diese Bezeichnung erfolgreich angewandt worden ist; abweichendes Verhalten ist Verhalten, das Menschen als solches bezeichnen“: Es ist einer der klassischen Sätze der Devianzsoziologie in einem der Klassiker des Feldes. Howard S. Becker betont fernab von alten und simplistischen Fragen danach, „warum Menschen Regeln brechen“, welche Situationen und welche Prozesse dazu führen, dass Menschen in Positionen geraten, in denen sie als „Regelbrecher“ betitelt werden, wie sie mit diesen Positionen umgehen und sich auch gegen diese wehren. „Außenseiter“ erschien erstmals 1963 in New York und wurde 1981 bei S. Fischer in deutscher Übersetzung publiziert. Seit den frühen neunziger Jahren vergriffen, liegt hier nun eine von Michael Dellwing überarbeitete und herausgegebene Version vor.