Die Maxime »Handle unternehmerisch!« ist der kategorische Imperativ der Gegenwart. Ein unternehmerisches Selbst ist man nicht, man soll es werden. Und man wird es, indem man sich in allen Lebenslagen kreativ, flexibel, eigenverantwortlich, risikobewußt und kundenorientiert verhält. Das Leitbild ist zugleich Schreckbild. Was alle werden sollen, ist auch das, was allen droht. Der Wettbewerb unterwirft das unternehmerische Selbst dem Diktat fortwährender Selbstoptimierung, aber keine Anstrengung vermag seine Angst vor dem Scheitern zu bannen. Ulrich Bröcklings grundlegende soziologische Studie nimmt diese Ambivalenz in den Blick und spitzt sie zu einer Diagnose der gegenwärtigen Gesellschaft zu.
Ulrich Bröckling Bücher






Glossar der Gegenwart
- 319 Seiten
- 12 Lesestunden
Von Aktivierung bis Zivilgesellschaft, von Beratung bis Wellness – das Glossar der Gegenwart versammelt Leitbegriffe von heute. Vierundvierzig Artikel untersuchen Konzepte von »mittlerer Reichweite«, aber hoher strategischer Funktion, die in den aktuellen Debatten eine Schlüsselstellung einnehmen: Deutungsschemata, mit denen die Menschen sich selbst und die Welt, in der sie leben, interpretieren; normative Fluchtpunkte, auf die ihr Selbstverständnis und Handeln geeicht sind; konkrete Verfahren, mit denen sie ihr Verhalten zu optimieren suchen. Die Artikel präparieren die Antinomien gegenwärtiger Selbst- und Sozialverhältnisse heraus und verbinden wissenschaftliche Analyse mit politischer Diagnostik und Kritik. In der Summe ergibt sich ein Register zeitgenössischer »Menschenregierungskünste« (Foucault).
Postheroische Helden
Ein Zeitbild
Heldenfiguren gelten heute als suspekt: zu viel Pathos, zu viel Männlichkeitsausdünstungen, zu viel moralischer Zeigefinger. Wir leben, heißt es, in postheroischen Zeiten. Gleichzeitig hat sich die Faszination von Heldengeschichten nicht erschöpft, ja, der Fragwürdigkeit heroischer Vorbilder steht ein schier unstillbarer Heldenhunger gegenüber, der reichlich bedient wird. Lebensretter werden ebenso heroisiert wie Klimaaktivistinnen und Whistleblower, Superhelden bevölkern Filme und Computerspiele, und der Spitzensport liefert kontinuierlich heroisierbares Personal. Mit der globalen Konjunktur populistischer Führergestalten kehren schließlich Heldendarsteller auch auf die politische Bühne zurück. Ulrich Bröckling nimmt diese Gleichzeitigkeit heroischer und postheroischer Leitbilder zum Anlass, den Platz des Heroischen in der Gegenwartsgesellschaft auszuloten. Dazu zeichnet er die Reflexionsgeschichte des Heroismus in der Moderne nach, besichtigt das Figurenkabinett zeitgenössischer Heldinnen und Helden und fragt nach den affektuellen und normativen Dimensionen von Heldenerzählungen sowie nach den Aspekten ihrer Relativierung und Verabschiedung. Sein Fazit: Der Held lebt. Aber unsterblich ist er nicht! Warum das eine gute Nachricht ist, zeigt dieses fulminante Buch.--Umschlagtext
Im angelsächsischen Raum hat sich eine Forschungsrichtung etabliert, die Foucaults Machtanalytik produktiv aufgenommen und weiterentwickelt hat: die governmentality studies. Der vorliegende Band knüpft an jene Forschungen an und erschließt das von Foucault entwickelte Instrumentarium für eine Analyse aktueller gesellschaftlicher Umbrüche. Gemeinsamer Bezugspunkt der exemplarischen Studien ist die Auseinandersetzung mit der neoliberalen Gouvernementalität. Den Beiträgen vorangestellt ist die deutsche Erstübersetzung der Vorlesung Foucaults aus dem Jahr 1978, in der dieser das Gouvernementalitätskonzept in seiner historischen und analytischen Abgrenzung zu Souveränitäts- und Disziplinarmechanismen skizziert.
Starke Männer – Figuren disruptiver Politik
Mittelweg 36, Heft 3-4 | Juni/Juli 2023
Starke Männer sind aus dem politischen Geschehen der Gegenwart nicht mehr wegzudenken, mögen sie nun Donald Trump, Wladimir Putin, Xi Jinping, Viktor Orbán, Recep Tayyip Erdoğan, Jair Bolsonaro, Narendra Modi oder Rodrigo Duterte heißen. Sie sind »Figuren disruptiver Politik« und als solche erstaunlich erfolgreich. Das aktuelle Heft fragt nach Erklärungen für das gehäufte Auftreten Starker Männer in der politischen Welt des 21. Jahrhunderts. »Die Strongmen des 21. Jahrhunderts sind ein globales und ein in vielen Farben schillerndes Phänomen. Was sie eint, auch wenn nicht jeder von ihnen alle Merkmale in gleicher Ausprägung zeigt, ist ein disruptiver Politikstil, der historisch gewachsene politische Allianzen erschüttert, mit bestehenden Inszenierungsroutinen und politischen Gepflogenheiten bricht sowie Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen schürt. Auch stehen die Starken Männer für eine distinkte Personalisierung des politischen Feldes, die heroisch akzentuiert ist. Sie zeichnen das Bild einer antagonistischen Welt voller Feinde, in der nur diejenigen eine Chance haben, die alle Tricks beherrschen und rücksichtslos ihre Interessen verfolgen.« Ulrich Bröckling / Dorna Safaian / Nicola Spakowski
Katholische Intellektuelle in der Weimarer Republik
Zeitkritik und Gesellschaftstheorie bei Walter Dirks, Romano Guardini, Carl Schmitt, Ernst Michel und Heinrich Mertens