In vier kunstvoll verwobenen Geschichten thematisiert der Erzähler schwindelartige Irritationen, die entstehen, wenn Erinnerung und Wirklichkeit auseinanderdriften. Inspiriert von Stendhal und Kafka, reflektiert der Autor über Melancholie und die plagenden Gefühle, die beide Schriftsteller erlebten.
W. G. Sebald Bücher







"Auf ungeheuer dünnem Eis"
- 288 Seiten
- 11 Lesestunden
»Die Gefahr, daß man den Verstand verliert, ist nicht gering.« – Wer war W. G. Sebald? Dieser Band fasst zwanzig Gespräche mit W. G. Sebald zu einer ebenso informativen wie poetischen Bestandsaufnahme zusammen. Viele dieser mit wechselnden Interviewpartnern zwischen 1971 und seinem plötzlichen Tod im Jahr 2001 geführten Gespräche werden hier erstmals gedruckt. Sebald spricht darin über sich selbst und seine Bücher, aber auch über sein ungeschrieben gebliebenes Werk.Dies ist ein zentrales Buch, um Sebalds gesamtes Schreiben zu verstehen. Hier wird nicht nur über Literatur gesprochen, sondern zugleich weitererzählt.
Logis in einem Landhaus
Über Gottfried Keller, Johann Peter Hebel, Robert Walser und andere
- 187 Seiten
- 7 Lesestunden
Keller, Hebel, Mörike und Walser waren Außenseiter, Abseitsstehende und vielleicht auch Gescheiterte. Sebald folgt ihren Spuren, die sie im Leben und in der Literatur hinterlassen haben. Er zeichnet eindringliche Porträts, in denen die Dichter so greifbar werden, als wären sie nur ein wenig entrückte Zeitgenossen. »Sebald schreibt makellose Prosa und ist begabt mit einer fast halluzinatorisch gesteigerten Wahrnehmungsfähigkeit.« Der Spiegel
In neun Studien untersucht Sebald den Themenkomplex Heimat und Exil, der für die österreichische Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts so charakteristisch ist. Seine Arbeiten setzen im frühen 19. Jahrhundert ein, bei dem nur wenig bekannten Charles Sealsfield und schlagen den Bogen über die gleichfalls vernachlässigten Schtetlgeschichten Leopold Komperts, über den Wiener Fin-de-siècle-Literaten Peter Altenberg, über Franz Kafka, Joseph Roth bis hinein in die Gegenwart, die durch Jean Améry, Gerhard Roth und Peter Handke vertreten ist. All diesen Autoren ist gemeinsam, daß sie an der »Unheimlichkeit der Heimat« gelitten haben bzw. noch immer leiden. Behutsam macht Sebald deutlich, wie oft dieses Leiden an der Heimat sowie die vage Sehnsucht nach ihr für österreichische Autoren zum Thema, wenn nicht sogar Anlaß des Schreibens geworden sind.
Die Beschreibung des Unglücks
Zur österreichischen Literatur von Stifter bis Handke.
In diesen aufschlußreichen sowie brillant formulierten Essays zu Werken von Stifter, Schnitzler, Hofmannsthal und Kafka, von Canetti, Bernhard, Handke, Ernst Herbeck und Gerhard Roth gelingt es dem Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Sebald, einige bislang oft wenig beachtete Merkmale österreichischer Literatur ins Blickfeld zu rücken. Im Mittelpunkt seiner Analysen stehen die psychischen Voraussetzungen des Schreibens, insbesondere »das Unglück des schreibenden Subjekts«, mit dem Sebald die eigentümliche Schwermut in der österreichischen Literatur zu erklären versucht. Einfühlsam geht er der Frage nach, inwiefern persönliche Existenznöte, aber auch historische und politische Kalamitäten das Schreiben dieser österreichischen Autoren jeweils beeinflußt haben, und folgert: »Die Beschreibung des Unglücks schließt in sich die Möglichkeit zu seiner Überwindung ein«.
Ein Reisebericht besonderer Art. Zu Fuß ist Sebald in der englischen Grafschaft Suffolk unterwegs, einem nur dünn besiedelten Landstrich an der englischen Ostküste. Im August, ein Monat, der seit altersher unter dem Einfluß des Saturn stehen soll, wandert Sebald durch die violette Heidelandschaft, besichtigt verfallene Landschlösser, spricht mit alten Gutsbesitzern und stößt auf seinem Weg immer wieder auf die Spuren oft wundersamer Geschichten. So erzählt er von den Glanzzeiten viktorianischer Schlösser, berichtet aus dem Leben Joseph Conrads, erinnert an die unglaubliche Liebe des Vicomte de Chateaubriand oder spürt dem europäischen Seidenhandel bis China nach. Mit klarer und präziser Sprache protokolliert er jedoch auch die stillen Katastrophen, die sich mit dem gewaltsamen Eingriff der Menschen in diesen abgelegenen Landstrich vollzogen. So verwandelt sich der Fußmarsch letztlich in einen Gang durch eine Verfallsgeschichte von Kultur und Natur, die Sebald mit einer faszinierenden Wahrnehmungsfähigkeit nachzeichnet. Und ganz nebenbei entsteht eine liebevolle Hommage an den Typus des englischen Exzentrikers.
Schwindelartige Gefühle der Irritation - in den vier durch wiederkehrende Motive und literarische Anspielungen kunstvoll miteinander verwobenen, geheimnisvollen Geschichten überkommen sie den Erzähler immer dann, wenn sich zwischen Erinnerung und Wirklichkeit eine bedrohliche Kluft auftut. Neben dem französischen Romancier Henri Beyle alias Stendhal ist es vor allem Franz Kafka, dem sich der Autor über die literarische Bewunderung hinaus verbunden fühlt und dessen ruheloser, lebendigtoter Jäger Gracchus durch alle vier Geschichten geistert. Es ist die Melancholie, die Sebald an diesen beiden Autoren interessiert und seinen eigenen Erfahrungen gegenüberstellt, denn wie der Erzähler selbst wurden auch Stendhal und Kafka von Eingebungen getrieben, von Träumen, Ahnungen und - »Schwindelgefühlen« geplagt. (fischer)
Melancholische Erzählungen der Trauer und Erinnerung, über Entwurzelung, Verzweiflung und Tod - Sebald bewegt sich in seinem vielgerühmten Meisterwerk am »Rand der Finsternis«. Mit großem Feingefühl schildert er die Lebens- und Leidensgeschichten von vier aus der europäischen Heimat vertriebenen Juden, die im Alter an ihrer Untröstlichkeit zerbrechen. Indem er die Vergangenheit eines früheren Vermieters, eines ehemaligen Dorfschullehrers, eines Großonkels und eines befreundeten Malers zu rekonstruieren versucht, erzählt Sebald indirekt aber auch von sich selbst - von seinem Schmerz über das Schicksal dieser Menschen, von seiner Trauer über die deutsche Vergangenheit. Entstanden ist eine ganz einzigartige, poetische Prosa, geheimnisvoll verwoben und trotz aller Bezüge und raffinierten Verunsicherungsstrategien doch bedrückend klar.
Als W. G. Sebald im Herbst 1997 seine Thesen zu Luftkrieg und Literatur an der Züricher Universität vortrug, war das Echo unerhört. Sebald sprach über »die Unfähigkeit einer ganzen Generation deutscher Autoren, das, was sie gesehen hatten, aufzuzeichnen und einzubringen in unser Gedächtnis«. Wichtiger als die Schilderung der realen Verhältnisse sei ihnen die Wiederherstellung ihres eigenen Selbstverständnisses gewesen. W. G. Sebalds provozierender Angriff erscheint hier zum ersten Mal, ergänzt durch einen Essay, mit dem der Autor auf die erregten Diskussionen antwortet.

