Ergänzt um einen einführenden Vortrag von Jean-François Lyotard (Wien/Freiburg 1989)
In seiner ersten Publikation zu Martin Heidegger untersucht Jean-François Lyotard die Entwicklung des Denkens des Philosophen im Kontext des Nationalsozialismus. Er thematisiert das Vergessen in der Philosophie und kritisiert Heideggers Ignoranz gegenüber der Vernichtung des jüdischen Volkes. Der Text wird durch Lyotards Vortrag ergänzt.
Gibt es heute noch Gründe, die Größe des Denkens zu schätzen? Versteht man die Macht des Geistes als einen die Realität restlos verschlingenden Alptraum, dann kann Denken heute nur heißen, der Herausforderung der Demut standzuhalten: „Elend der Philosophie“. Ob sie nun Kunst, Literatur, Psychoanalyse, Religion oder ihre eigene Praxis im Namen des Juden- oder Christentums, im Namen von Bataille, Freud, Quignard, Kant, Châtelet oder Skira befragt – Lyotards „philosophie en acte“ akzentuiert „ihren Sinn der Trennung“. Die Erfahrung hat kein ihr immanentes Konzept, man muss sie dekonstruieren und rekonstruieren. An erster Stelle steht die Sensibilität, eine passive und unüberwindliche Endlichkeit des ganzes Wissens. Nichts wird ohne Rest gedacht, ohne Verlust gelebt. Was bleibt, ist die Ausübung des Widerstreits, „der Geist in Alarmbereitschaft, durch das alarmiert, was ihm geschieht und was ihn verstört.“
Die »Économie libidinale« ist Lyotards frühes Hauptwerk und zugleich seine problematischste Schrift. Erschienen 1974, blieb das Buch in Deutschland trotz einer ersten deutschen Ausgabe (1984) weitgehend unbeachtet, obwohl es einen Meilenstein in Lyotards Philosophie darstellt. Es markiert seine Abkehr von der Gruppe »Socialisme ou barbarie« und seinen Bruch mit dem Marxismus. Dieser Bruch zeigt sich in einem im akademischen Bereich ungewohnten Ton, den Lyotard selbst als »bösartig« bezeichnete. Seine scharfe Kritik an den Marxisten mündet in eine Theorie der Leidenschaften, die das Theoretische auf beinahe selbstzerstörerische Weise meidet und eine skandalöse Verteidigung des libidinösen Austauschs über alle Grenzen hinweg bietet. Der Leser begegnet einem zerrissenen Text, der die Leidenschaften in der politischen Ökonomie und das Politische in den Leidenschaften verortet, während er sich gleichzeitig einer Festlegung entzieht. Die aggressive Vervielfältigung von Stilen und Schreibweisen eröffnet dem Text verschiedene konkurrierende Lesarten und Anwendungsformen: Ein Text, der als große Haut-Fläche, als umgestülpter Körper oder als Möbiusband erscheint – heute aktueller denn je.
Velké knihy Jeana-Francois Lyotarda (Discours, figure; Lacondition postmoderne explique aux enfants; Le Différend) byly pro něho východiskem k dalšímu zkoumání příslušné oblasti a k prověření vyslovených hypotéz. Lyotard ovšem paralelně s těmito hlavními knihami nepřetržitě koncipoval a publikoval texty, v nichž na základě kritik, komentářů a analýz dále propracovával jím samým zavedené kategorie a principy. Nevystupoval jako expert, historik nebo teoretik, ale jako filozof, který vytyčuje myšlení nové úkoly a který se neusále radí a spolupracuje s významnými tvůrci a znalci různých odvětví kultury. Vytvořil tak soubor filozofických prací o umění a estetice. Návrat a jiné eseje přináší výbor právě z nich.
Otázka, kterou si v různých souvislostech klade Jean-Francois Lyotard, současný francouzský filosof, je stále stejná: jak můžeme něco vědět o tom, že věci jsou? Tímto způsobem otevírá filosofické myšlení k přítomnosti, a to jak ve smyslu záhadné časové dimenze, jež nám stále uniká,tak i k přítomnosti, kterou žijeme a kterou poznáváme nejen prostřednictvím filosofických textů, nýbrž i v malířství. Lyotardovo Putování i další eseje, které jsou v tomto svazku obsaženy, svědčí o autorově hlubokém smyslu pro to, co nic nezpřítomňuje, protože samo je přítomností. Ale jeho úvahy o čase, smyslovém pociťování či o pocitu vznešeného jsou především pozoruhodným pokusem spojit etiku s estetikou a filosofii s literaturou.
André Malraux ist eine Jahrhundertgestalt. Geboren 1901, gestorben 1976, wurde er zum Inbegriff des engagierten Schriftstellers zwischen Literatur und Politik. 1923 kämpfte er auf Seiten der Kommunisten in China, im Spanischen Bürgerkrieg befehligte er als General die Luftstreitkräfte der Internationalen Brigaden. 1939 sagte er sich vom Kommunismus los, geriet in deutsche Kriegsgefangenschaft, entkam und leitete eine Einheit der Résistance. 1958 wurde er Kulturminister unter de Gaulle. Jean-François Lyotard, der Philosoph der »Postmoderne«, hat mit diesem Buch eine faszinierende Deutung von Malraux's Leben und Werk geschrieben. Er erzählt den Weg vom kommunistischen Rebellen zum gaullistischen Kämpfer gegen den Pariser Mai 68 als eine exemplarische Lebensgeschichte des 20. Jahrhunderts.
Jede Geschichte hat ihre Moral. Doch ist diese lokal, flüchtig, ohne Ambitionen. Diese Moral mag anderen widersprechen, jedoch widerlegt oder stört sie diese nicht unbedingt. Zusammen ergeben sie ein Gemurmel der Maximen, einen fröhlichen Aufschrei: so geht’s im Leben. Schnelles Leben, verdampfte Moral. Die Flüchtigkeit passt gut zur Postmoderne, zum Phänomen ebenso wie zum Begriff. Sie verhindert jedoch nicht, dass man sich Fragen stellt, nach dem guten Leben zum Beispiel. Dieses Mal scheint man doch zu wissen, dass das Leben alles bietet. Man stellt es sich zumindest vor. Das Angebot des Lebens wird angepriesen, vermarktet, und wie ein Gourmet erfreut man sich an seiner Vielfalt. Die Moral der Moral wäre ein „ästhetisches“ Vergnügen. Der Band bringt also fünfzehn Anmerkungen zur Ästhetisierung der Postmoderne. Und gegen sie. Die Überlegungen des Autors streifen thematisch Vorstädte (als Metapher für die Philosophie), zeitgenössische Ausstellungskonzeptionen oder amerikanische Philosophie. Sie zeigen die postmoderne Vielseitigkeit des Philosophen Jean-François Lyotard.