Langsame Ankunft
Sechs Essays und ein Gespräch über Beheimatung







Sechs Essays und ein Gespräch über Beheimatung
Begleitschreiben
In Jörg Bernigs Eschenhaus gleitet Großbritannien hinaus aufs Meer und entfernt sich von Europa. Selbst Alfred Wegeners Theorie von der Kontinentaldrift kann das nicht erklären. Auch auf dem Kontinent geraten die Länder in Bewegung, wenngleich auf andere Weise; Grenzen lösen sich auf, werden neu gezogen, wandern. In dieser Zeit erbt Anna, eine aus Leipzig stammende und seit langem in Berlin lebende Zeichnerin und Buchillustratorin, von einem Unbekannten ein Haus an der walisischen Küste. Ein Haus, das wie ein Klippennest hoch über dem Meer schwebt und das nur auf sie gewartet zu haben scheint. Dort am Meer versucht Anna herauszufinden, was es mit dem Erbe auf sich hat. Innere und äußere Wirklichkeiten zerfließen. Auf dem Kontinent verschafft sich ein neuer Totalitarismus – ein Konglomerat der drei Buchreligionen und vergangener Gesellschaftsexperimente – mehr und mehr Zugriff auf das Denken und Handeln der Menschen. Otrelia, the Only True Religion, bildet Enklaven und Exklaven in Europa, expandiert und fordert. Auch die Wirklichkeit eines vor langem verschwundenen Landes erscheint wieder und mit ihr Bilder und Stimmen des Gewesenen aus jener Welt hinter der Welt, welche das Leben von Annas Eltern bestimmte. Die Zeit selbst beginnt zu driften…
Eine Geschichte aus Prag
Essays
Gedichte
Gedichte
Gedichte Berührungen eines Berührten, Worte, nicht Wörter, über die Künstlichkeit unserer Welt, über die Einfachheit, die nicht simpel ist, über Heimat, die auch unverdächtig existiert, über das Vergehen, die Stille, das Wachstum, die Stilleben, die kleinen Zeichen, über den »schaufelradbagger der zeit«, die groszen entwuerfe und unser Scheitern, über den fernen und nahen Glauben, die strengen und die gelassenen Formen, über die »wege sie liegen offen«, Liebesgedichte. Uwe Tellkamp
Dem Lyriker, Erzähler und Essayisten Jörg Bernig (geb. 1964) sind Zwischenrufe und Einmischung in der Tradition Lessings wichtig. Er greift in seinem Beitrag den 1784 von Immanuel Kant propagierten Wahlspruch Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! auf und bringt auf diese Weise das Gedankengut und das Potential der Aufklärung in den kritischen Diskurs um gegenwärtige gesellschaftliche Probleme ein.
Peter Anders ist ein geschätzter Lehrer, dessen erwachsene Kinder längst auf eigenen Beinen stehen und der mit seiner Frau Susanne, einer Bankangestellten, in einer mittelgroßen Stadt ein glückliches Leben führt. Für eine Bürgervereinigung will er sogar in den Stadtrat einziehen. Doch nichts ist mehr so, wie es war, als er beschuldigt wird, eine Schülerin sexuell belästigt zu haben. In der Nacht nach Anders' Geburtstag wird sein Wagen an einem See entdeckt, die Spuren zeigen, dass Anders ins Wasser gegangen ist. Aber seine Leiche wird nicht gefunden. Dennoch empfiehlt die Polizei Susanne Anders, ihren Mann für tot erklären zu lassen …Nach und nach entfaltet sich die Erzählung über einen Mittvierziger, seine Frau und seine Freunde. Vor dem Hintergrund eines nicht enden wollenden glutheißen Sommers entwickelt Autor Jörg Bernig eine Geschichte von Normalität und Ausnahmezustand, von Verdacht und Abwehr, von Beschuldigung und Verschwinden.
Essays aus Mitteleuropa
Jörg Bernigs Essays sind Streifzüge durch eine Landschaft, die wir gemeinhin als Mitteleuropa bezeichnen: Wir begegnen darin einer Welt zwischen Mythos und Realität, Dauer und Verschwinden. Auf seinen Wegen entlang der Elbe, durch Böhmen oder Rumänien findet Bernig Spuren, stößt auf Hinterlassenschaften und Trümmer, er hört längst verklungene und just in diesem Moment verklingende Stimmen. Er sieht aber auch ein immer wieder unternommenes und ganz gegenwärtiges Sich-Einrichten. Mitteleuropa wird so erkennbar als ein Erzähl-Raum, als poetischer Grund, der vielleicht erst in der Literatur zu einer ihm gemäßen Existenzform findet.