Mario Vargas Llosa
28. März 1936
Jorge Mario Pedro Vargas Llosa [ˈmaɾjo ˈβaɾɣas ˈʎosa] (seit 2011 Marqués de Vargas Llosa; * 28. März 1936 in Arequipa, Peru) ist ein peruanischer Schriftsteller, Politiker und Journalist, der seit 1993 auch die spanische Staatsbürgerschaft besitzt. Er ist einer der führenden lateinamerikanischen Romanciers und Essayisten.
In den 1980er Jahren engagierte sich Vargas Llosa aktiv in der peruanischen Politik und wurde Vorsitzender einer neuen liberalen Partei. 1990 bewarb er sich als Kandidat eines Wahlbündnisses um das Amt des peruanischen Staatspräsidenten und galt lange als Favorit, verlor dann aber die Stichwahl gegen Alberto Fujimori. Vargas Llosa wurde im Dezember 2010 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet, im Februar 2023 wurde er in die Académie française aufgenommen. Die Eltern von Mario Vargas Llosa, die sich schon vor der Geburt ihres Sohnes trennten, sind Ernesto Vargas Maldonado, Telegraphist und Flugplatzfunker der Panagra-Gesellschaft in Tacna, sowie Dora Llosa Ureta. Die Mutter entstammt einer in Arequipa alteingesessenen, aus Spanien stammenden Mittelschichtfamilie. Nicht zuletzt wegen ihrer schwierigen Situation als Alleinerziehende übersiedelte sie mit ihren Eltern und ihrem damals einjährigen Sohn nach Cochabamba in Bolivien. Dort verbrachte Vargas Llosa seine Kindheit und absolvierte die Grundschule am katholischen Colegio La Salle. Unter der Regierung von José Luis Bustamante y Rivero wurde sein Großvater mütterlicherseits Präfekt in der nordperuanischen Stadt Piura, weshalb sich die gesamte Familie dort niederließ. 1946 lernte er seinen Vater kennen, worauf er zusammen mit seiner Mutter zu ihm nach Lima zog. In Piura und Lima besuchte Vargas Llosa weiterhin Schulen der Salesianer Don Boscos, bevor er auf Betreiben seines Vaters für zwei Jahre an eine Militärschule in Callao wechselte. Das letzte Jahr seiner Schulausbildung verbrachte er wieder in Piura, wo er, wie bereits zuvor in Lima, nebenbei in der Redaktion einer Lokalzeitung mitarbeitete und sein erstes Theaterstück „Die Flucht des Inka“ zur Aufführung brachte. Nach dem Schulabschluss begann Vargas Llosa in Lima gleichzeitig ein Jura- und ein Literaturstudium an der Nationalen Universität San Marcos; Letzteres schloss er ab. Seine schriftstellerische Betätigung nahm in dem Maße zu, wie seine Tätigkeit als Journalist nachließ. In Lima heiratete er mit 19 Jahren Julia Urquidi Illanes, die Schwester einer Schwägerin der Mutter. Die Ehe blieb kinderlos und wurde 1964 geschieden. Mit dem Stipendium Javier Prado promovierte er in Philosophie und Literatur ab 1959 an der Universität Complutense Madrid. Im selben Jahr erhielt er für die Erzählungen „Die Anführer“ den Leopoldo-Alas-Preis. Erstes Aufsehen als Schriftsteller erregte Vargas Llosa mit dem Roman „Die Stadt und die Hunde“ (La ciudad y los perros). 1965 heiratete er in Lima seine Cousine Patricia Llosa, die er an der Pariser Sorbonne kennengelernt hatte und mit der er drei Kinder hat: Álvaro Vargas Llosa, Schriftsteller, Gonzalo und Morgana, Fotografin. Er ließ sich in Paris nieder und arbeitete zusammen mit seiner damaligen Frau für France Télévisions sowie als Journalist für die Nachrichtenagentur AFP. Später zog die Familie nach London und nach Barcelona. 1974 kehrte Llosa nach Peru zurück und wurde im Fernsehen Leiter und Moderator eines politischen Programmes. In den 1980er Jahren wandte sich Vargas Llosa der Politik zu. Im Gegensatz zu den meist linksgerichteten anderen südamerikanischen Intellektuellen jener Zeit vertrat Vargas Llosa, der sich von seinen eigenen linken Positionen ab den 1960er Jahren distanzierte, überzeugt liberale Positionen. In seiner autobiographischen Schrift „Der Fisch im Wasser – Erinnerungen“ schildert er diese Entwicklung vom Linken zum überzeugten Neoliberalen, wie es Dieter Plehwe ausdrückt. Den Ausdruck Neoliberalismus bewertet Vargas Llosa allerdings als eine „von Feinden des Liberalismus kreierte Karikatur“. Vargas Llosa sieht sich selbst, so sein Biograf Juan José Armas Marcelo, als „liberal ohne weitere Zusätze, mit allem, was der Begriff traditionell bedeutet, politisch und intellektuell“. 1986 kritisierte er in Bezug auf Gabriel García Márquez die seiner Ansicht nach einseitige und kritiklose Überbewertung des sozialistischen Modells durch einige lateinamerikanische Intellektuelle mit folgenden Worten: Im Fall Uchuraccay, der irrtümlichen Ermordung von acht Journalisten durch indianische Bauern, übertrug ihm der peruanische Präsident Fernando Belaunde den Vorsitz der Untersuchungskommission. Als die von der linksgerichteten Partei APRA gebildete Regierung unter Alan García Pérez 1987 das peruanische Bankenwesen verstaatlichen wollte, führte er den Protest dagegen an. 1987 war Vargas Llosa Mitbegründer und bald darauf Vorsitzender des liberalen Movimiento Libertad. 1988 bildete die Partei mit den zwei großen peruanischen konservativen Parteien eine Allianz, die Nationale Demokratische Front (Fredomo). 1990 bewarb sich Vargas Llosa für die Fredomo um das peruanische Präsidentenamt. Er trat für die Privatisierung von Staatseigentum und eine freie Marktwirtschaft ein. Während des Wahlkampfes galt er als Favorit und erhielt im ersten Wahlgang mit 34 Prozent die meisten Stimmen. In der Stichwahl siegte allerdings der Außenseiter Alberto Fujimori mit 56,5 Prozent. Nach der verlorenen Wahl wandte sich Vargas Llosa wieder der Literatur zu und wurde Dozent für lateinamerikanische Literatur an mehreren US-amerikanischen Universitäten. Während des Fujimori-Regimes verließ er Peru schließlich ganz und zog nach Madrid, wo er seit den 1990er Jahren hauptsächlich lebt. Zusätzlich zu seiner peruanischen Staatsbürgerschaft erhielt er 1993 auch die spanische Staatsangehörigkeit. Häufig verbringt er zum Teil längere Aufenthalte in London. 1995 wurde er in die Real Academia Española aufgenommen, die maßgebliche Institution für die Pflege der spanischen Sprache. Seit den 1990er Jahren schreibt er Essays für die spanische Tageszeitung El País. Am 7. Oktober 2010 wurde bekanntgegeben, dass Vargas Llosa den Nobelpreis für Literatur 2010 „für seine Kartographie der Machtstrukturen und scharfkantigen Bilder individuellen Widerstands, des Aufruhrs und der Niederlage“ erhält. Die Preisverleihung erfolgte am 10. Dezember 2010 in Stockholm. 2010 warnte er in seinem Vortrag in der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Libertad y Desarrollo (Freiheit und Entwicklung) vor dem islamischen Fundamentalismus. Der islamische Fundamentalismus habe den Kommunismus als Hauptfeind der Demokratie abgelöst; man dürfe nicht zulassen, dass die islamischen Fanatiker die Demokratie ausnutzen, „um in unsere Gesellschaften einzudringen und um Terror zu säen“.Im Zusammenhang mit den peruanischen Präsidentschaftswahlen 2011 sorgte Vargas Llosa für nationales und internationales Aufsehen, da er die sich abzeichnende Entscheidung zwischen den Kandidaten Ollanta Humala und Keiko Fujimori mit der Wahl zwischen „Aids und Krebs im Endstadium“ verglich. Als es nach dem ersten Wahlgang vom 10. April 2011 tatsächlich zur Stichwahl zwischen diesen beiden Politikern kam, sprach er aber gegen Ende Mai Ollanta Humala öffentlich seine Unterstützung aus und bat alle „peruanischen Demokraten“ (Zitat), für diesen Kandidaten zu stimmen. Auch im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2016 unterstützte er Fujimoris Gegenkandidaten Pedro Pablo Kuczynski. Zu den Präsidentschaftswahlen 2021 hingegen, bei denen Keiko Fujimori erneut den Einzug in die Stichwahl schaffte, gab er seine Unterstützung für ihre Kandidatur bekannt, da sie im Vergleich zum marxistisch-leninistischen Kandidaten Pedro Castillo „das kleinere Übel“ sei.Im Januar 2012 lehnte der 75-Jährige das Angebot des neu ins Amt gekommenen spanischen Regierungschefs Mariano Rajoy (PP) ab, die Leitung des dem Goethe-Institut vergleichbaren spanischen Cervantes-Instituts zu übernehmen. Die Tageszeitung El País gab an, Vargas Llosa halte den angebotenen Posten für unvereinbar mit seiner Schriftsteller-Tätigkeit.Mitte 2015 wurde bekannt, dass er die Scheidung von Patricia Llosa beantragt hatte und eine Beziehung mit der 15 Jahre jüngeren Isabel Preysler hatte, einer philippinisch-spanischen Journalistin und Model. Ende 2022 wurde bekannt, dass diese Beziehung zu Ende ist.Im Herbst 2017 war er auf Seiten der spanischen Regierung ein wichtiger Akteur gegen die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen. Er hielt auf einer Gegendemonstration am 8. Oktober 2017 eine viel beachtete kämpferische Rede.Im Kontext des Streits um Katalonien verließ Vargas Llosa den PEN International, dessen Präsident er von 1976 bis 1979 war.Vargas Llosa kommentierte die Situation in Venezuela laut Die Weltwoche im Februar 2019 so: In den folgenden Jahren mehrten sich auch in deutschsprachigen Medien die Berichte über Vargas’ Eintreten für rechte, ultrarechte, extrem rechte Politiker, beispielsweise in Chile bei der Präsidentschaftswahl in Chile 2021 für José Antonio Castro, in Peru für Keiko Fujimori sowie in Kolumbien.Er ist Mitunterzeichner des am 3. März 2022 veröffentlichten Aufrufs zum Frieden: „150 Nobelpreisträgerinnen und Nobelpreisträger verschiedenster Disziplinen rufen angesichts des von russischem Boden ausgehenden Krieges in der Ukraine zum Frieden auf. Dazu haben sie eine Deklaration unterzeichnet, die von der Max-Planck-Gesellschaft initiiert wurde und die von den Lindauer Nobelpreisträgertagungen unterstützt wird.“ Eine seiner Nichten ist die peruanische Filmregisseurin Claudia Llosa ( 1976), sein Cousin der peruanische Filmregisseur Luis Llosa ( 1951).