»Ein ganz neues Bild von Ingeborg Bachmann« Die Weltwoche »Abstand, oder ich morde! Haltet Abstand von mir!« ruft der Erzähler in Ingeborg Bachmanns Werk ›Das dreißigste Jahr‹. Und diesen Abstand verlangte die Dichterin auch für sich, was zu vielerlei Spekulationen über ihre Person und ihr Schaffen führte. Die renommierte Literaturwissenschaftlerin Sigrid Weigel legt hier die erste Gesamtdarstellung jenseits von Mythen und Legenden vor. Sie stützt sich dabei nicht nur auf den zugänglichen Teil des Nachlasses, sondern auch auf Briefe und Notizen in den Nachlässen von Hannah Arendt, Peter Szondi, Wolfgang Hildesheimer und anderen. So wird Ingeborg Bachmann inmitten eines Netzes aus Beziehungen und Korrespondenzen sichtbar, die ein neues und überraschendes Licht auf ihr Leben und Werk werfen.
Sigrid Weigel Bücher


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Flugschriftenliteratur 1848 [achtzehnhundertachtundvierzig] in Berlin
- 253 Seiten
- 9 Lesestunden
Die gegenwärtige Konjunktur des Generationenbegriffs reicht von der Literatur über die Soziologie, Psychoanalyse, Geschichtsschreibung und Wissenschaftsgeschichte bis ins Feuilleton und die Produktwerbung. 'Generation' versteht sich als kulturelles Deutungsmuster, das sowohl eine Einheit von Erfahrungen und Eigenschaften faßt als auch den zeitlichen Abstand und die Merkmalsunterschiede zu vorausgegangenen Generationen definiert. Damit ist das narrative Muster der Generation, das in Literatur und Geschichte auf eine lange Tradition zurückblicken kann, auf viele andere Bereiche übertragen worden – und zwar ausgerechnet in einer historischen Situation, in der die Praktiken, die mit den Fortschritten der Biowissenschaften und der Reproduktionsmedizin entstehen, zu Interventionen in die bislang als natürlich erachtete Genealogie der familialen Generationenverhältnisse führen.
Das Buch der bekannten Literaturwissenschaftlerin untersucht die Formen des Bildertausches zwischen Wissenschaft, Religion, Kunst und Literatur. Jenseits der Kontroverse zwischen pictorial und linguistic turn geht es um das Wissen der Bilder an der Grenze zwischen Messen und Deuten: an der Schwelle zwischen Spur und Zeichen, Imaginärem und Sichtbarem, Material und Figur, Schauplatz und Erzählung, Daten und Graphik/Begriff. Momente des In-Erscheinung-Tretens stehen im Zentrum: von Bildern im Denken, von Affekten im Gesicht, von Transzendenz in Gemälden oder in der Dichtung. Ausgehend von der Differenz zwischen neuronalen Indikatoren und Semantik in den bildgebenden Verfahren der aktuellen naturwissenschaftlichen Forschung, widmet sich Sigrid Weigel vor allem dem Wissen, das Malerei und Einbildungskraft über Bilder bereithalten. Ziel ist es, durch die Aufmerksamkeit für das Detail und für das „Unbedeutende“ dem „Geist wahrer Philologie“ (Benjamin) zum Ausdruck zu verhelfen.
Die Konzepte und Praktiken des Erbes geben darüber Auskunft, in welcher Weise die Lebenden mit den vorausgegangenen und kommenden Generationen verbunden sind: durch Schrift oder Leib, Familie oder Gedächtnis, Hinterlassenschaften oder Gene. Dabei ist die kulturelle Überlieferung nicht unabhängig davon, ob sie im Zeichen von Tradition, Evolution oder etwa Genetik gedacht wird. Genea-Logik, die Rede über Überlieferung und Erbe, verbindet Literatur, Kunst, Philosophie und Wissenschaft. Etliche Begriffe – wie Generation, Gattung, Geschlecht – und viele Wissensfiguren und Narrative – wie Stammbaum, Entwicklungsmodell, Familienroman und Verwandtschaft – kommunizieren zwischen den „zwei Kulturen“ und belegen eher deren Nähe und Austausch als den vielbeschworenen Science War. Welche konkreten Vorstellungen von Überlieferung mit diesen Figuren hervorgebracht werden, das zeigt sich im Detail der Bilder und Konzepte. Indem sie zentrale Linien und Umbrüche des genealogischen Wissens in Literatur und Wissenschaftsgeschichte verfolgt, untersucht Sigrid Weigel deren manchmal unheimliche Bedeutungsstrukturen: die Tendenz zur Angleichung kultureller Prozesse an das Reproduktionsgeschehen, die Rolle familialer Metaphern, die Spannung zwischen genealogischen und klassifikatorischen Operationen und die Nähe genealogischer Vorstellungen zur Konstruktion von Einheiten: von der Generation über die Gattung bis zur Nation.
Wir sind buchstäblich von ihnen umstellt: Gesichter. Ein Buch über ihre Erscheinungsweisen, Darstellungsformen und Bedeutungen. Als wohl aussagekräftigster Teil des menschlichen Körpers wird vom Gesicht (oft allzu rasch) auf den ganzen Menschen geschlossen: auf Persönlichkeit, Charakter und seine Stimmung ebenso, wie auf Alter, Geschlecht, Ethnie und soziale Zugehörigkeit. Im Mienenspiel »lesen« wir die emotionale Verfassung und Haltung des Gegenüber: ohne face-to-face keine Kommunikation, die wir bereits als Kleinkinder durch das mimische Hin und Her erlernen. Und doch bleiben uns manche Gesichtszüge rätselhaft. Das Begleitbuch zur Ausstellung im Deutschen Hygiene-Museum Dresden versammelt 26 Essays zu spezifischen Bildern, Medien und Formaten, in denen Gesichter in Erscheinung treten und uns begegnen. Die Beiträge diskutieren historische und aktuelle Phänomene, wie etwa Porträt und Christusbild, Selfie und Werbegesicht, Schleier und Passfoto, Fahndungsbild und Roboter Face. Mit Blick auf die Entstehung, Geschichte und Herstellungsweise der jeweiligen Formen entfalten sich deren kulturelle und soziale Kontexte, ihre Bedeutung für die Person und ihre Wirkung auf das Gegenüber. Geschichte, Religionen und eigene wie fremde Kulturen erhalten so buchstäblich ein Gesicht.