Salzburger Stefan Zweig Poetikvorlesung Band 7
Zsuzsanna Gahse Bücher






Die Erbschaft
- 58 Seiten
- 3 Lesestunden
Eingestreute Witze finden sich immer wieder in Zsuzsanna Gahses Büchern. Diesmal aber stehen sie im Zentrum, die kleinen szenischen Erzählungen rund um Politik, Sprache, Sex, Krankheit und Tod. Ihren großen Auftritt haben sie mitunter auf einer kleinen Bühne, wo die doppelbödig gewitzte Gesprächskultur aus dem Elternhaus der Erzählerin aufgeführt wird. An dem Versuch, einen ungarischen Sprachwitz auf Deutsch zu erzählen, scheitert die Mutter grandios. Hans, Hannes, Juan und auch Giovanni präsentieren Witze, oft landestypische und zwischendurch auch mal schlecht und falsch erzählte Witze, voller unfreiwilliger Komik. Die so inszenierte Sammlung von Witzen und Nicht-Witzen, Beobachtungen und Figuren verknüpft sich zunehmend zu einem engmaschigen Gewebe aus Ernst und Unernst. Bei genauerem Hinschauen wird man leicht entdecken, dass Witze fast immer traurige, verrutschte Erzählungen sind, über die jemand lachen darf, und über die niemand lachen muss. Wer hier die erste Träne herausrückt, dem gehört die Erbschaft.
Donauwürfel
- 138 Seiten
- 5 Lesestunden
Zehn Silben mal zehn Zeilen bilden ein Quadrat, zehn Quadrate einen Würfel (10 x 10 x 10 = 1 Donauwürfel). In diesem neuartigen Versmaß von Zsuzsanna Gahse strömt die Erzählung durch das Buch. Der Donau und dem Sprachfluss folgend tauchen unentwegt Geschichten auf, um in den nachdrängenden Fluten wieder zu versinken. Sie erzählen vom Leben am, im, auf, über, gegen und mit dem Wasser: von den Huchen am Flussgrund, dramatischen Hochwassern und Flussaustrocknungen, aber auch von Verzweifelten, die ihren Tod im Wasser suchten. So schwingt sich der Donaustrom in 27 Sprachwürfeln lyrisch, episch und auch szenisch durch die Tiefebene, hoch zu den Quellen und hinab zum Schwarzen Meer. In Nebenflüssen wird nach dem sagenhaften Donaugold gesucht, Fracht- und Ausflugsschiffe kreuzen auf, mitunter wird auch arg gestritten, an den Ufern, auf dem Fluss und über ihn hinweg. Und man kann sich in das unerschöpfliche Sprachbett der Donau verlieben, aber auch in das unterschiedliche Tempo der Sätze, in die Stromschnellen des Texts. Denn wenn Zsuzsanna Gahse mit schlanker, moderner Sprache die Farben und Strömungen der Donau besingt, erweist sich als eigentlicher Hauptakteur – das Wasser.
Oh, Roman
- 127 Seiten
- 5 Lesestunden
Ende Juli, ein dreitägiger Arbeitsbesuch im klimatisierten Krankenhaus – draußen flirrende Hitze, drinnen Spitalalltag. Die Ich-Erzählerin, eine 'Schreiberin' aus Wien, wo sie in einem Schokoladengeschäft von Kunden bestellte Reiseberichte und Briefe verfasst, ist zu Besuch beim Goldschmied Friedrich, um dessen Einfälle und Gedanken für künftige Schmuckprojekte zu notieren. Doch in der Spitalwelt ist man sich immer wieder fremd, das Gespräch stockt, die Arztvisite rollt heran und unversehens steht die Besucherin wieder auf dem Flur. Und da, panartig, als schnell erhaschte bernsteingelbe Silhouette im Gegenlicht, taucht er auf: Roman, ihr 'Lebensmann', den sie seit 15 Jahren nicht mehr gesehen und erfolgreich vergessen hatte. Sogartig setzen die Erinnerungen ein und plötzlich ragen überall Geschichten in die Vergangenheit hinein und aus ihr heraus. Und erstmals wird die 'Schreiberin' zur Erzählerin ihrer eigenen Erinnerungen, Beobachtungen und Geschichten, so dass sich in die Chronik des Spitalbesuchs unvergesslich Romans Bild mit einschreibt. Oh, Roman: eine Kranken- und Liebesgeschichte, ein Buch übers Vergessenwollen und Erinnernkönnen, ein subtiles Doppelporträt zweier unterschiedlicher Männer, eine Hommage an György Ligeti wie auch ein Buch über die Lust am Schreiben.
Wie in jedem richtigen Roman gibt es auch hier einige Personen, die dem Leser zunehmend wichtig werden, so dass er den Tränen nahe ist, wenn er sich von ihnen zum Schluss des Romans trennen muss. Péter Esterházy bietet: Den tschechischen Schriftsteller Bohumil Hrabal, über den der Autor einen Essay schreiben soll, Anna, die diesen liebt, ferner den Schriftsteller, er ist der Ehemann von Anna. Außerdem spielt noch der Herr eine Rolle. Zwischen diesen wunderbaren Personen schwirren Engel umher; was aber Engel sind, wird bestimmt niemand leicht sagen können. In diesem schillernden, bewegten Bild von Mitteleuropa tritt, wenn auch selten, noch eine Person auf. Sie heißt: Ich.
Rosa, die Protagonistin, lebt in Budapest und wird durch die Umbrüche der Geschichte und die Ereignisse der ungarischen Revolution zur Flucht gezwungen, die sie durch Österreich nach Deutschland und zurück nach Österreich ins Exil führt. Ihr steht die Ich-Erzählerin gegenüber, die mit wunderbarer Klarsicht und Unbefangenheit die Auseinandersetzung zweier Frauen aus verschiedenen Generationen entwickelt. Kraftvoll, komisch, distanziert und schwebend ist auch das Bild, das sie von Rosa zeichnet, von der Suche nach Freiheit und Ungebundenheit, von der Vergeblichkeit und dem endlichen Scheitern aller Anstrengungen, einen eigenen Ort in der Welt zu finden - darin exemplarisch für die ganze zu Ende gehende Epoche.
Vom Leben einer Unangepassten
- 320 Seiten
- 12 Lesestunden
Elisabeth Kübler wird 1931 in Buchs geboren. Die aus bürgerlichem Hause stammende junge Frau verspürt bald den Wunsch, aus diesem Milieu auszubrechen. Mit knapp zwanzig Jahren lässt sie sich nach abgeschlossenem Lehrerinnendiplom am Zürcher Bühnenstudio zur Schauspielerin ausbilden. Dieser Schritt markiert einen wichtigen Einschnitt, der ihr bewegtes Leben wesentlich prägt. Nach ihrer Zeit als Schauspielerin zieht Elisabeth zusammen mit Ehemann Jörn Kübler zehn Jahre mit dem Circus Knie durch die Schweiz. Begonnen habe es damit, dass sie Seelöwendompteuse werden wollte.1969 endet auch diese Lebensphase; durch Vermittlung von Gustav Zumsteg, dem Schweizer Seidenhändler, Kunstsammler und Eigentümer des Restaurants Kronenhalle Zürich, übernimmt das Paar die Leitung der renommierten Galerie Maeght in Zürich. Nach Jörn Küblers Tod im Jahr 1975 wird sie alleinige Direktorin der Galerie und prägt mit ihrem Programm das Zürcher Kulturleben mit. Die Kunst bleibt auch nach ihrem Abgang 1994 ein wichtiges Element in ihrem Leben. Auch die Kunst des Alltags zu pflegen wie Blumensträusse binden oder kochen ist Teil ihres Lebensentwurfs. Ihr stilsicheres Gespür für Kleidung und Inneneinrichtung charakterisiert ihr Auftreten genauso wie ihre Wohnorte. Die Publikation beinhaltet Texte unterschiedlicher Autor*innen sowie mehrere Gespräche mit Elisabeth Kübler und ist bebildert mit einer Fülle von Fotografien und Dokumenten.Das Buch skizziert das faszinierende Leben einer Frau, die sich stets die Freiheit nahm, ihren Lebensweg ausserhalb von Konventionen zu gestalten.- Susanna Koeberle
Berganza. Erzählung
- 101 Seiten
- 4 Lesestunden
Die Erzählung beginnt mit der Erkenntnis der Erzählerin, dass sie keine Ahnung hatte, bevor sie den poetischen Hund Berganza traf. Dieser erscheint und verschwindet plötzlich, während er seine melancholische Lebensphilosophie und die Sehnsucht nach Zeitlosigkeit und Ewigkeit entfaltet.
Bergisch teils farblos
- 174 Seiten
- 7 Lesestunden
»Kaum zu fassen, wie unterschiedlich Berge betrachtet werden. Investitionsmöglichkeiten, Urlaubsregionen, Jagdgebiete, Regionen für Klettertouren zum Himmel hinauf …«, notiert die Ich-Erzählerin von Bergisch in eine ihrer Mappen. Unterwegs in nicht nur freundlichen Alpengegenden sammelt sie in unterschiedlichen Hotels und Berghütten Porträts von Besuchern und den heimischen Gastgebern. Öfters ist sie auch mit Freunden unterwegs, die ihr Interesse für Speisen, Sprachen und deren topografische Zusammenhänge teilen. Sie sammeln Farben, suchen sogar nach Farblosigkeiten, und zu sechst entwickeln sie die Idee eines begehbaren Tagebuchs, um ihre Beobachtungen aufschlussreich archivieren und präsentieren zu können. Nach und nach tauchen weitere Gebirge auf, unter anderem das Uralgebirge oder etwa die Guayana-Region, und auch die Berge aus Literatur und Kunst sind mit von der Partie. In über 500 Aufzeichnungen entfaltet Zsuzsanna Gahse ein feinmaschiges Zusammenspiel zwischen den sechs Personen und zugleich entsteht ein lebendiges Panorama der Bergwelten, eine vielschichtige Typologie des »Bergischen«.
