Landwirtschaftliches Genossenschaftswesen und Agrarpolitik in der SBZ, DDR 1945 - 1950/51
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In seiner Studie widmet sich Jens Schöne detailliert und kenntnisreich der Geschichte der traditionellen landwirtschaftlichen Genossenschaften (Raiffeisen) in der sowjetischen Besatzungszone und der frühen DDR. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, warum das Genossenschaftswesen nach 1945 einen umfassenden Aufschwung erlebte und dann innerhalb weniger Jahre seine Existenzberechtigung verlor. Auf der Grundlage unveröffentlichter Quellen hinterfragt Jens Schöne die Intentionen der sowjetischen Besatzungsmacht ebenso wie die Ziele und Handlungsfreiräume der KPD/SED, die den einsetzenden Transformationsprozeß wesentlich vorantrieb. Anhand des personellen wie organisatorischen Auf- und Umbaus des ländlichen Genossenschaftswesens zeigt er auf, daß der agrarstrukturelle Wandel in der SBZ/DDR keineswegs das Ergebnis einer kontinuierlich verschärften Vorgehensweise war, sondern vielmehr aus zwei Radikalisierungsschüben resultierte. Während die Genossenschaften im Rahmen der Bodenreform ihre zentrale Stellung zunächst behaupten konnten, wurden sie ab 1948 selbst zum vorrangigen Ziel der kommunistischen Gesellschaftspolitik auf dem Lande. Damit jedoch war das Ende der traditionellen genossenschaftlichen Entwicklung in der SBZ/DDR besiegelt, und bereits 1950 fand diese durch die Zwangsverschmelzung des zentralen Genossenschaftsverbandes mit der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe ihren Abschluß. Wie konnte es gelingen, eine derart komplexe und ökonomisch erfolgreiche Organisation wie das Genossenschaftswesen innerhalb weniger Jahre nahezu vollständig in die staatlich gelenkte Planwirtschaft zu inkorporieren? Welche Rolle spielten die Genossenschaften in den bündnispolitischen Bestrebungen der KPD/SED? Warum förderte die Besatzungsmacht die Genossenschaften bis 1948, um dann einen abrupten Kurswechsel zu vollziehen? Und nicht zuletzt: In welchen Zusammenhang stand die Zerschlagung der traditionellen Genossenschaften mit dem Aufbau der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), der nur kurze Zeit später begann? Diesen und weiteren Fragen geht Jens Schöne in seiner Studie nach und schließt damit eine wesentliche Forschungslücke im Bereich der Agrargeschichte der SBZ/DDR. Der Autor: Jens Schöne ist Doktorand an der Technischen Universität Dresden und promoviert über die Agrarwirtschaft und -gesellschaft der DDR in den 1950er-Jahren. Rezension von Ulrich Kluge aus der Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte; 89. Band, Heft 3/2002: (.) Schöne geht der Frage nach, warum die Sowjetische Militäradministration (SMAD) das landwirtschaftliche Genossenschaftssystem, das mit dem Untergang der Weimarer Republik ein Opfer der nationalsozialistischen Agrarpolitik wurde, in ihrem Herrschaftsbereich bis 1948 förderte, „um dann einen abrupten Kurswechsel zu vollziehen?“ (S.12). (.) Damit steht das gespannte Verhältnis zwischen SED-Führung und sowjetischen Behörden im Mittelpunkt des Interesses. Mit seiner eindrucksvollen Studie über die Vorbereitungsphase der sozialistischen Landwirtschaft in der DDR verweist Schöne die Behauptung vom sowjetischen Druck auf die SED ins Reich der politischen Legende. Die ausgewogene Untersuchung gehört zur Grundlagenliteratur zeitgenössischer Agrargeschichte.