Der Realismusstreit
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„Verunsicherung auf allen Gebieten, in allen Sphären, persönlich, beruflich, gesellschaftlich, politisch, ein bedrohliches Erdbeben sozusagen, das überall registriert wird“ – so wie der exilierte Kunsthistoriker Klaus Berger empfanden auch viele Franzosen die Situation in der Mitte der 1930er Jahre. Die gesellschaftlich Engagierten unter ihnen lebten in den Veränderungshoffnungen der Volksfront, die im Frühjahr 1936 die Wahlen gewann und in der Ahnung des Krieges, der gut drei Jahre später ausbrechen sollte. Maler und Schriftsteller fragten sich und ihr Publikum damals, wie „alles, was Menschen bewohnen oder durchmessen“ menschlich gestaltet werden (Le Corbusier), wie der Arbeiter „Zugang zur Schönheit der Bilder“ erlangen (Fernand Léger), wie der Künstler als „Herr der Erscheinungen“ mit „dem Feuer der Wirklichkeit“ spielen (Louis Aragon), wie Kunst zum Mittel werden könnte, „vom Schicksal Besitz zu ergreifen“ (André Malraux). La Querelle du Réalisme, die im Herbst 1936 erschienene Dokumentation dieser Debatten, Umfragen und Artikel über den Platz der bildenden Kunst in der Gesellschaft, wird hier erweitert und erstmals in deutscher Übersetzung herausgegeben. Kunstgeschichte tritt damit anders in Erscheinung als üblich: In einer sozialen Existenz von kultureller Fülle und Energie, die durch die späteren Politisierungen und Kategorisierungen inzwischen fast nicht mehr vorstellbar geworden sind.