Bindung in der Psychotherapie
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Gerade im psychotherapeutischen Setting ist es interessant zu überprüfen, welche Bedeutung Bindungsmerkmale für die Pathogenese beziehungsweise auf die psychische Gesundheit einer Person haben. Ein Anliegen der vorliegenden Arbeit ist, die bisherige differentielle Indikationsstellung von stationärer Psychotherapie durch bindungstheoretische Konzepte zu erweitern oder aber die Grundannahmen der Bindungstheorie mittelfristig in den gruppenpsychotherapeutischen Prozess zu integrieren. Gegenstand der Studie ist sowohl die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Bindungsmerkmalen und Therapieerfolg, als auch die Art interpersonaler Probleme in Abhängigkeit vom Bindungsmuster von Psychotherapie-Patient(inn)en zu evaluieren. Dabei kam das Instrument Erwachsenen-Bindungsprototypen-Rating (EBPR) zur Anwendung. Es konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Therapieerfolg und dem Bindungsmuster gezeigt werden. Sicher Gebundene profitierten im Vergleich zu unsicheren signifikant häufiger von der Therapie. Weiterhin zeigte sich, dass unsicher-vermeidend Gebundene signifikant häufiger die Therapie abbrachen und insgesamt auch eher der Gruppe „weniger erfolgreich“ zugeordnet wurden. Im Hinblick auf die bindungsspezifische zwischenmenschliche Problematik konnte empirisch bestätigt werden, dass vermeidend Gebundene eher Probleme im Bereich Feindseligkeit, Kälte und soziale Vermeidung angaben. Sicher und unsicher-ambivalent gebundene Patient(inn)en beklagten eher Probleme mit zu starker Ausnutzbarkeit und Freundlichkeit. Sichere unterschieden sich von unsicher-ambivalent Gebundenen also nicht in der Art interpersonaler Probleme, wohl aber in ihrem Ausmass der angegebenen Probleme. Interessant war zu beobachten, dass es bei den „erfolgreichen“ und unsicher-gebundenen Patient(inn)en im Prä-Post-Zeitraum zu einer prognostisch günstigen Verschiebung der Art interpersonaler Probleme gekommen ist. So standen bei den unsicher-vermeidend gebundenen Patient(inn)en nach der Therapie Probleme mit zu starker Abweisung und Kälte nicht mehr im Zentrum. Aus den Ergebnissen der vorliegenden Studie kann eine begründete Hoffnung abgeleitet werden, dass weitergehende Bindungs- und Beziehungsforschung im klinischen Feld kostbare Früchte tragen wird.