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Die Aufgabe der Poesie

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Denkt man an die Figur der Diotima, so fällt das Bild der Korona ein: ein heller Lichtkranz um die schwarze Sonne herum, wenn sie vom Schatten des Mondes verdeckt ist. Für diese Abblendung steht Diotima. Denn der indirekte Widerschein des Sonnenlichts vermittelt, welch andere Denk- und Daseinsweise hier angekündigt und gleichzeitig – in der Verdunkelung – wieder zurückgenommen wird. Die Arbeit über Diotima arbeitet in dem Spannungsfeld Figur und Stimme und knüpft an jüngste Diskussionsstränge strukturaler und poststrukturaler Provenienz in der Literaturwissenschaft an. In dem Fall „Diotima“ geht sie neue Wege. Was in einer an den amerikanischen Dekonstruktivismus angelehnten Lektüre nachgewiesen wird, ist der im Hyperion-Roman ausgeführte Widerstreit zwischen dem toten Schriftkörper der vernunftgeleiteten Sprache und der lebendigen, musikalischen Rede der Stimme Diotimas. Dieses „dichterische Erleben“ von Stimmen und Stimmungen, die mit der Figur der Diotima verknüpft sind, lassen sich aber in der symbolischen Tauschlogik der Sprache nicht wiedergeben. Die in der Ästhetik der Prosa hergestellte Versöhnung ist keine ausreichende, sondern verharrt im Gestus der Trauer. In den unterschiedlich gestalteten Sprachen Diotimas handelt es sich deshalb – so die These der Untersuchung – bereits um eine Vorstufe und frühe Verkörperung von Hölderlins später Poesie und Gedichtsprache. So birgt die Ab- oder Umkehr Diotimas von der Prosasprache des Romans einen gefahrvollen Moment des Schreckens und des Abgrunds: »Scheitern« und/oder »Aufgabe« der Dichtung treten zusammen, so wie der Titel der Arbeit es sagt.

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2003

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