Entwicklung durch wechselkurs-basierte Stabilisierung?
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In der entwicklungsstrategischen Debatte hat die Frage der Wechselkursregime zentrale Bedeutung erlangt. Dabei hat der wirtschaftswissenschaftliche Mainstream den Entwicklungsökonomien insbesondere die Anbindung der Währung zur monetären Stabilisierung nahegelegt. Um der Gefahr gehäufter spekulativer Attacken entgegenzutreten, haben dabei seit Ende der 90er Jahre insbesondere harte Formen der Anbindung, allen voran das Currency Board sowie die gänzliche Aufgabe des nationalen Geldes („Dollarisierung“) eine paradigmatische Aufwertung erfahren. Die vorliegende Arbeit setzt sich kritisch mit diesen Ansätzen auseinander und zeigt anhand einer empirischen Fallstudie zu Brasilien die Probleme einer solch verkürzten Sichtweise. Vielmehr muss die Frage des Wechselkursregimes und der monetären Stabilität mit der Frage der längerfristigen ökonomischen Entwicklung verknüpft werden. Von zentraler Bedeutung für die längerfristige Tragfähigkeit einer Entwicklungsstrategie ist nicht nur die kurzfristige Stabilisierung von Preisniveau und Wechselkurs, wie dies die Ansätze neoklassischer und monetaristischer Provinienz nahelegen, sondern vielmehr die dauerhafte Stärkung der Währungsqualität. Diese wird jedoch unterhöhlt, wenn ein Wechselkursregime gewählt wird, das eine Stabilisierung von Preisniveau und Wechselkurs nur um den Preis einer Ausweitung der internationalen Verschuldung erzielt. Dies zeigt der Fall Brasiliens auf eindrucksvolle Weise. Dort konnte Mitte der 90er Jahre ein chronischer Prozess extrem hoher Inflationsraten unterbrochen werden, indem die Währung vergleichsweise locker an den US-Dollar angebunden wurde. Der mit der monetären Stabilisierung einsetzende, von hohen ausländischen Direktinvestitionen begleitete Boom musste jedoch mehrfach geldpolitisch unterbrochen werden, da rasch Zahlungsbilanzprobleme virulent wurden. Diese wurden durch die kumulative reale Aufwertung der brasilianischen Währung erzeugt, die unvermeidlich mit der nominalen Anbindung an eine Hartwährung verbunden war und die angesichts steigender Leistungsbilanzdefizite einen permenanten Nettokapitalzufluss erforderte. Als dieser nicht mehr aufrechterhalten werden konnte, endete das spektakuläre Experiment vier Jahre später mit einer Währungskrise und der erzwungenen Freigabe des Wechselkurses. Als Folge dieser Strategie des growth-cum-debt in neuem Gewand haben die Aussen- wie die öffentliche Binnenverschuldung Brasiliens heute ein gewaltiges Ausmaß erreicht, das jegliche entwickungstrategische Spielräume massiv einschränkt. Inhalt : Teil I: Entwicklung durch wechselkurs-basierte Stabilisierung? Eine Einführung in das Thema Teil II: Geldverfassung und Marktkonstellationen der Unterentwicklung in Brasilien: Monetäre Interpretation der Herausbildung einer peripheren Ökonomie und Gesellschaft Teil III: Theorieansätze wechselkurs-basierter Stabilisierung und daraus erwachsende Anforderungen an die Entwicklungsstrategie in Schuldnerökonomien Teil IV: Der brasilianische Plano Real als Strategie wechselkurs-basierter Stabilisierung und Entwicklung (19994-98): Eine empirische Analyse